Jesus unterwegs

 Pfeiloben 

© Karl-Heinz Vanheiden 

Letzte Korrektur Februar 2007

Die Ereignisse umfassen den Zeitraum vom Ende des Jahres 27 n.Chr. bis zum Sommer oder Frühherbst 29 n.Chr.

Der Bote tritt auf
Matthäus 3,1-12; Markus 1,1-8; Lukas 3,1-18; Johannes 1,6-9

Mit der guten Botschaft von Jesus Christus, dem Sohn Gottes fing es so an, wie es beim Propheten Jesaja geschrieben steht: "Ich werde meinen Boten vor dir her senden. Er wird dein Wegbereiter sein.(c) Hört, in der Wüste ruft eine Stimme: 'Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet seine Pfade! Die Täler sollen aufgefüllt, die Berge und Hügel eingeebnet werden. Krumme Wege sollen begradigt werden und holprige eben gemacht. Dann werden alle Menschen das Heil sehen, das von Gott kommt.'"(d) Das erfüllte sich, als Johannes der Täufer in der Wüste(e) auftrat. Gott hatte ihn gesandt. Er kam, um als Zeuge auf das Licht hinzuweisen. Alle sollten durch ihn daran glauben. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur darauf hinweisen. Der, auf den er hinwies, war das wahre Licht, das in die Welt kommen und jeden Menschen erleuchten sollte.

(c) Bei einem zusammengesetzten Zitat aus dem Alten Testament wird nach jüdischem Brauch lediglich ein Autor genannt, gewöhnlich der bekannteste von ihnen. Der erste Teil des Zitats stammt hier vom Propheten Maleachi, Kapitel 3,1 seines Buches.
(d) Jesaja 40,3-5
(e) Vermutlich in der Wüste Juda, einem gebirgigen Dürregebiet westlich und nordwestlich des Toten Meeres.

Das alles geschah im 15. Regierungsjahr(f) des Kaisers Tiberius(g); Pontius Pilatus war Statthalter(h) von Judäa; Herodes Antipas(i) regierte als Fürst(j) in Galiläa, sein Bruder Philippus in Ituräa(a) und Trachonitis(b), Lysanias in Abilene(c); Hohepriester waren Hannas und Kajafas. In dieser Zeit erhielt Johannes der Sohn des Zacharias draußen in der Wüste seinen Auftrag von Gott. Daraufhin durchzog er die ganze Jordangegend und predigte den Menschen, sie sollten zu Gott umkehren und sich als Zeichen dafür taufen lassen, damit sie Vergebung ihrer Sünden empfingen. "Ändert eure Einstellung, denn die Herrschaft des Himmels ist nahe!", sagte er.

(f) 27 n.Chr.
(g) Römischer Kaiser 14-37 n.Chr.
(h) Kaiserlicher Statthalter in Judäa und Samaria von 26-36 n.Chr.
(i) Herodes Antipas, Sohn Herodes des Großen 4 v.Chr. bis 39 n.Chr.
(j) Eigentlich "Vierfürst", das war ursprünglich der Titel eines Fürsten, der den vierten Teil eines Reiches regierte.
(a) Gebiet nördlich von Israel um den Antilibanon herum.
(b) Landschaft nordöstlich vom See Genezaret.
(c) Landschaft zwischen Ituräa und Damaskus.

Johannes trug ein Gewand aus gewebtem Kamelhaar und einen Lederriemen um die Hüften. Seine Nahrung bestand aus Heuschrecken und Honig von wild lebenden Bienen.

Die Menschen kamen in Scharen zu ihm: von Jerusalem, Judäa und der ganzen Jordangegend. Sie ließen sich im Jordan(d) von ihm taufen und bekannten dabei ihre Sünden.

(d) Der Jordan ist der wichtigste Fluss Israels, der als geologisches Phänomen das tiefstgelegene Tal der Erde durchfließt. Er entspringt im Norden im Gebiet des Berges Hermon, etwa 500 Meter über dem Meeresspiegel und mündet 200 km südlich ins Tote Meer, dessen Wasserspiegel sich 392 Meter unter Meeresniveau befindet. Die Taufstelle ist etwa 7 km nördlich vom Toten Meer zu suchen.

Als Johannes viele von den Pharisäern(e) und Sadduzäern(f) zu seiner Taufe kommen sah, sagte er: "Ihr Schlangenbrut! Wer hat euch eingeredet, dass ihr dem kommenden Zorngericht Gottes entgeht? Bringt die Früchte hervor, die beweisen, dass ihr eure Einstellung geändert habt! Und fangt nicht an zu denken: 'Wir haben doch Abraham zum Vater!' Ich sage euch: Gott kann Abraham aus diesen Steinen hier Kinder erwecken! Die Axt ist schon an die Wurzel der Bäume gelegt. Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen."

(e) Religionspartei, die auf genaue Einhaltung der Gesetze und Überlieferungen Wert legte.
(f) Politisch einflussreiche römerfreundliche religiöse Gruppe, deren Mitglieder aus den vornehmen Familien stammten. Sie behaupteten, es gäbe keine Auferstehung nach dem Tod.

Da fragten ihn die Leute: "Was sollen wir denn tun?" - "Wer zwei Untergewänder hat", gab er zur Antwort, "soll dem eins geben, der keins hat! Wer zu essen hat, soll es mit dem teilen, der nichts hat!" Auch Zolleinnehmer wollten sich taufen lassen. "Rabbi"(g), fragten sie, "und was sollen wir tun?" - "Fordert nicht mehr, als euch zusteht!", erwiderte Johannes. "Und wir", fragten einige Soldaten, "was sollen wir tun?" - "Beraubt und erpresst niemand", war seine Antwort. "Gebt euch mit eurem Sold zufrieden!"

(g) Hebräische Anrede: mein Herr (mein Lehrer, mein Meister)!

Das Volk war voller Erwartung und alle fragten sich, ob Johannes etwa der Messias, der versprochene Retter, sei. Doch Johannes erklärte vor allen: "Ich taufe euch zwar im Wasser als Bestätigung für eure Umkehr, aber es wird einer kommen, der mächtiger ist als ich. Ich bin nicht einmal gut genug, mich zu bücken und ihm die Riemen seiner Sandalen zu lösen. Er wird euch mit Heiligem Geist und Feuer taufen. Er hat die Worfschaufel(h) in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Den Weizen wird er in die Scheune bringen, die Spreu aber wird er mit einem Feuer verbrennen, das nie mehr ausgeht."

(h) Hölzerne Schaufel, mit der die ausgedroschenen Getreidekörner durch Hochwerfen im Wind von der groben Spreu getrennt wurden.

Mit diesen und vielen anderen mahnenden Worten verkündigte er dem Volk die gute Botschaft.

Jesus wird getauft
Matthäus 3,13-17; Markus 1,9-11; Lukas 3,21-23

Dann kam auch Jesus aus Nazaret(a) in Galiläa(b) an den Jordan, um sich zusammen mit den vielen Menschen von Johannes taufen zu lassen. Aber Johannes versuchte ihn davon abzubringen und sagte: "Ich hätte es nötig, von dir getauft zu werden, und du kommst zu mir?" Doch Jesus antwortete: "Lass es für diesmal geschehen. Denn nur so können wir alles erfüllen, was Gottes Gerechtigkeit fordert." Da fügte sich Johannes. Als Jesus nach seiner Taufe aus dem Wasser stieg, öffnete sich der Himmel über ihm und er sah den Geist Gottes sichtbar wie eine Taube auf sich herabkommen. Und aus dem Himmel sprach eine Stimme: "Du bist mein lieber Sohn. An dir habe ich meine Freude!"(c)

(a) Der kleine Ort mit etwa 150 Einwohnern lag in der Mitte zwischen dem Mittelmeer und dem See Gennesaret und war etwa 100 km von der Taufstelle entfernt.
(b) Von Juden und Griechen bewohntes Gebiet im Norden Israels, etwa zwischen dem See Gennesaret und dem Mittelmeer.
(c) Matthäus überliefert den Satz so: "Das ist mein lieber Sohn. An ihm habe ich meine Freude!" Er verwendet nicht den "exakten Wortlaut" der historischen Situation, sondern vermittelt seinen Lesern die "exakte Bedeutung" des Geschehens, um noch stärker zu betonen, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Der Sinn ist genau der gleiche.

Als Jesus öffentlich zu wirken begann, war er ungefähr dreißig Jahre alt.

Versuchung in der Wüste
Matthäus 4,1-11; Markus 1,12-13; Lukas 4,1-13

Vom Heiligen Geist erfüllt, verließ Jesus den Jordan und ging ins Bergland der Wüste. Der Geist hatte ihn dazu gedrängt, weil er dort vom Teufel versucht werden sollte. Vierzig Tage und Nächte lang aß er nichts. Als der Hunger ihn quälte, trat der Versucher an ihn heran und sagte: "Wenn du Gottes Sohn bist, dann befiehl doch, dass diese Steine hier zu Brot werden." Aber Jesus antwortete: "Nein, in der Schrift steht: 'Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.'(d)"

(d) 5. Mose 8,3

Daraufhin(e) ging der Teufel mit ihm in die Heilige Stadt, stellte ihn auf den höchsten Vorsprung im Tempel und sagte: "Wenn du Gottes Sohn bist, dann stürz dich hier hinunter! Es steht ja geschrieben: 'Er wird seine Engel aufbieten, um dich zu beschützen. Auf den Händen werden sie dich tragen, damit du mit deinem Fuß nicht an einen Stein stößt.'(f)" Jesus gab ihm zur Antwort: "Es heißt aber auch: 'Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht herausfordern!'(g)"

(e) Lukas bringt die 2. und 3. Versuchung in umgekehrter Reihenfolge. Die historische Reihenfolge ist aber die von Matthäus, denn er verbindet die einzelnen Versuchungen mit "dann, daraufhin" im Sinn zeitlich nachfolgender Ereignisse, während Lukas die Ereignisse nur mit "und" verbindet. Außerdem ist der barsche Befehl Jesu: "Weg mit dir, Satan!" nur nach der zeitlich letzten Versuchung sinnvoll. Lukas hat offenbar aus thematischen Gründen die Abfolge verändert.
(f) Psalm 91,11-12
(g) 5. Mose 6,16

Schließlich führte ihn der Teufel mit auf einen hohen Berg, zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Königreiche der Welt und sagte: "Diese ganze Macht und Herrlichkeit will ich dir geben, denn sie ist mir überlassen worden und ich gebe sie, wem ich will. Alles soll dir gehören, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest." Da sagte Jesus: "Weg mit dir, Satan! Es steht geschrieben: 'Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen!'(h)"

(h) 5. Mose 6,13

Als der Teufel sah, dass er mit keiner Versuchung zum Ziel kam, ließ er ihn für einige Zeit in Ruhe. Jesus lebte bei den wilden Tieren, und Engel dienten ihm.

Ein Zeuge namens Johannes
Johannes 1,19-34

Folgende Begebenheit macht klar, wie Johannes auf Jesus hinwies: Die Juden von Jerusalem hatten Priester und Leviten zu ihm geschickt, die ihn fragen sollten, wer er sei. "Ich bin nicht der Messias", machte er ihnen unmissverständlich klar. "Was denn?", fragten sie weiter. "Bist du Elija?" - "Nein, der bin ich auch nicht", erwiderte er. "Bist du der Prophet?" - "Nein!" - "Dann sag uns doch, wer du bist", entgegneten sie, "wir müssen ja denen, die uns geschickt haben, eine Antwort bringen. Was sagt du über dich selbst?" Johannes antwortete mit den Worten des Propheten Jesaja: "Ich bin eine Stimme, die in der Wüste ruft: 'Ebnet den Weg für den Herrn!'(a)" Unter den Abgesandten waren auch einige Pharisäer(b), die jetzt weiterfragten: "Wenn du weder der Messias bist, noch Elija und auch nicht der Prophet, weshalb taufst du dann?" - "Ich taufe mit Wasser", entgegnete Johannes, "aber mitten unter euch steht jemand, den ihr nicht kennt. Es ist der, der nach mir kommt. Ich bin nicht einmal würdig, ihm die Riemen seiner Sandalen zu lösen." Das spielte sich in Betanien(c) ab, einem Dorf auf der anderen Seite des Jordan, wo Johannes taufte.

(a) Jesaja 40,3
(b) Religionspartei, die auf genaue Einhaltung der Gesetze und Überlieferungen Wert legte.
(c) Dieses Betanien darf nicht mit dem verwechselt werden, das nur drei Kilometer von Jerusalem entfernt am Hang des Ölbergs lag, siehe Kap. 11,18.

Am nächsten Tag hatte Johannes Jesus auf sich zukommen sehen und sagte: "Seht, das ist das Opferlamm Gottes, das die Sünde der ganzen Welt wegnimmt. Ihn meinte ich, als ich sagte: 'Nach mir kommt einer, der weit über mir steht, denn er war schon vor mir da'. Auch ich kannte ihn nicht. Aber gerade deshalb bin ich gekommen und taufe mit Wasser, damit Israel erkennt, wer er ist." Dann machte Johannes diese Aussage: "Ich sah den Geist Gottes wie eine Taube vom Himmel herabschweben und auf ihm bleiben. Ich hätte nicht gewusst, wer es war, aber der, der mir den Auftrag gab, mit Wasser zu taufen, hatte mir gesagt: 'Wenn du den Geist auf jemand herabschweben und auf ihm bleiben siehst, dann ist das der, der mit dem Heiligen Geist tauft.' Ich habe es gesehen und bezeuge: 'Dieser Mann ist der Sohn Gottes.'"

"Wir haben den Messais gefunden"
Johannes 1,35-51

Am nächsten Tag war Johannes mit zwei von seinen Jüngern wieder dort. Als er Jesus vorbeigehen sah, sagte er: "Seht, das Opferlamm Gottes!" Die zwei Jünger hörten das und gingen Jesus nach. Jesus drehte sich um und sah, dass sie ihm folgten. Da fragte er: "Was sucht ihr?" - "Rabbi, wo wohnst du?", entgegneten sie. - Rabbi heißt übrigens "Lehrer". - "Kommt mit", erwiderte er, "dann werdet ihr es sehen." So kamen sie mit. Das war nachmittags gegen vier Uhr. Sie sahen, wo er sich aufhielt und blieben den Tag über bei ihm.

Einer von den beiden, die Jesus gefolgt waren, weil sie das Zeugnis von Johannes gehört hatten, war Andreas, der Bruder von Simon Petrus. Der fand gleich darauf seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: "Wir haben den Messias gefunden!" - Messias bedeutet "der Gesalbte", griechisch: "Christus"(f). - Dann brachte er ihn zu Jesus. Jesus sah ihn an und sagte: "Du bist Simon Ben-Johannes. Man wird dich einmal Kephas nennen." - Kephas bedeutet "Fels", griechisch: "Petrus".

(f) In Israel wurden Könige und Hohepriester durch eine feierliche Salbung in ihr Amt eingeführt. Gott hatte seinem Volk einen Messiaskönig versprochen, der ein Nachkomme Davids und gleichzeitig Hoherpriester sein würde.

Als Jesus am nächsten Tag nach Galiläa(a) aufbrechen wollte, traf er Philippus und sagte zu ihm: "Komm, folge mir!" Philippus stammte wie Andreas und Petrus aus der Stadt Betsaida(b). Danach traf Philippus den Natanaël und sagte zu ihm: "Wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz schreibt und den auch die Propheten angekündigt haben: Es ist Jesus aus Nazaret(c), ein Sohn von Josef." - "Nazaret? Kann von da etwas Gutes kommen?", fragte Natanaël. Philippus erwiderte nur: "Komm und sieh selbst!" Als Jesus Natanaël kommen sah, sagte er: "Das ist ein wahrer Israelit, ein Mann ohne Falschheit." - "Woher kennst du mich?", fragte Natanaël. Jesus antwortete: "Ich sah dich, als du noch unter dem Feigenbaum saßest, bevor Philippus dich rief." Da erklärte Natanaël: "Rabbi, du bist der Sohn Gottes! Du bist der König Israels!" Jesus erwiderte: "Das glaubst du, weil ich dir gesagt habe, dass ich dich unter dem Feigenbaum sah. Du wirst noch viel größere Dinge sehen." Dann fügte er hinzu: "Ja, ich versichere euch(d): Ihr werdet den Himmel offen sehen und erleben, wie die Engel Gottes vom Menschensohn(e) zum Himmel aufsteigen und wieder herabkommen."

(a) Von Juden und Griechen bewohntes Gebiet im Norden Israels, etwa zwischen dem See Gennesaret und dem Mittelmeer.
(b) Fischerdorf an der Mündung des Jordan in den See Gennesaret. Heute wahrscheinlich El-Aradsch.
(c) Der kleine Ort mit etwa 150 Einwohnern lag in der Mitte zwischen dem Mittelmeer und dem See Gennesaret und wurde im Alten Testament nie erwähnt.
(d) Wörtlich: Amen, Amen!Wenn Jesus Amen (oder sogar das doppelte Amen) am Beginn einer Aussage gebraucht, betont er die Unumstößlichkeit seiner Worte so stark wie möglich. Amen bedeutet: So sei es!Es wird normalerweise als Bestätigung am Ende eines Gebets gesprochen (siehe 1. Korinther 14,16).
(e) Menschensohn ist eine von Jesus bevorzugte Selbstbezeichnung. Er knüpft damit an ein Wort Daniels (7,13) an, wo der zukünftige Herrscher des Gottesreiches angekündigt wird.

Das erste Wunder: 600 Liter Wein
Johannes 2,1-11

Am dritten Tag fand in Kana(f), in Galiläa, eine Hochzeit statt. Die Mutter von Jesus nahm daran teil und auch Jesus war mit seinen Jüngern dazu eingeladen. Als während des Festes der Wein ausging, sagte seine Mutter zu ihm: "Sie haben keinen Wein mehr!" - "Frau, in was für eine Sache willst du mich da hineinziehen?", entgegnete Jesus, "meine Zeit ist noch nicht gekommen." Da wandte sich seine Mutter an die Diener und sagte: "Tut alles, was er euch aufträgt." In der Nähe standen sechs Wasserkrüge aus Stein, wie sie von den Juden für zeremonielle Waschungen benötigt wurden. Jeder von ihnen fasste etwa 100 Liter(g). Jesus sagte zu den Dienern: "Füllt die Krüge mit Wasser!" Sie füllten die Gefäße bis zum Rand. Dann befahl er ihnen: "Nun schöpft etwas und bringt es dem Küchenmeister." Sie taten das; und als der Küchenmeister von dem Wasser, das Wein geworden war, gekostet hatte, rief er den Bräutigam. Er wusste ja nicht, woher der Wein kam. Nur die Diener, die das Wasser geschöpft hatten wussten davon. Er sagte zu ihm: "Jeder bringt doch zunächst den guten Wein auf den Tisch und setzt erst dann den weniger guten vor, wenn die Gäste schon betrunken sind. Aber du hast den guten Wein bis jetzt aufgehoben."

(f) Der Ort liegt etwa 14 km nördlich von Nazaret.
(g) Wörtlich: zwei oder drei Metretes. Metretes ist ein Hohlmaß von etwa 39 Litern Inhalt.

Dies war das erste seiner Wunderzeichen, das Jesus in Galiläa vollbrachte, in Kana. Damit offenbarte er seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.

Neuer Wohnort: Kafarnaum
Matthäus 4,13-16; Johannes 2,12

Danach ging er mit seiner Mutter, seinen Brüdern und seinen Jüngern nach Kafarnaum hinunter(h). Seine Angehörigen blieben aber nur wenige Tage dort. Jesus jedoch blieb nicht in Nazaret wohnen, sondern verlegte seinen Wohnsitz nach Kafarnaum am See im Gebiet der Stämme Sebulon und Naftali. So erfüllte sich, was durch den Propheten Jesaja vorausgesagt wurde: "Du Land Sebulon und Naftali, am See gelegen und jenseits des Jordan, Galiläa der heidnischen Völker: Das Volk, das im Finstern lebte, hat ein großes Licht gesehen. Über denen, die im Land der Todesschatten wohnten, ist Licht aufgegangen."(a)

(h) Kafarnaum lag am Nordwestufer des Sees Genesaret, ungefähr 200 Meter unter dem Meeresspiegel, während Kana etwa 300 Meter über NN liegt.
(a) Jesaja 8,23-9,1

Die erste Konfrontation
Johannes 2,13-22

Als das jüdische Passafest näher kam, zog Jesus nach Jerusalem hinauf. Auf dem Tempelgelände sah er Geldwechsler sitzen und Händler, die Rinder, Schafe und Tauben verkauften. Da machte er sich eine Peitsche aus Stricken und jagte sie alle mit den Schafen und Rindern aus dem Tempel hinaus. Die Münzen der Wechsler fegte er auf den Boden und ihre Tische kippte er um. Den Taubenverkäufern befahl er: "Schafft das weg von hier und macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle"! Seine Jünger erinnerten sich dabei an das Schriftwort: "Der Eifer um dein Haus wird mich verzehren".(b) Die Juden aber stellten ihn zur Rede: "Mit welchem Wunderzeichen kannst du beweisen, dass du das Recht hast, so etwas zu tun?" Jesus entgegnete: "Zerstört diesen Tempel und ich werde ihn in drei Tagen wieder aufbauen." - "Sechsundvierzig Jahre ist an diesem Tempel gebaut worden", erwiderten die Juden, "und du willst das in drei Tagen schaffen?" Mit dem Tempel hatte Jesus aber seinen eigenen Körper gemeint. Als er von den Toten auferstanden war, dachten seine Jünger an diesen Satz. Da glaubten sie den Worten der Schrift und dem, was Jesus gesagt hatte.

(b) Psalm 69,10

Die neue Geburt
Johannes 2,23-3,21

Jesus hielt sich während des ganzen Passafestes in Jerusalem auf. Viele glaubten in dieser Zeit an ihn, weil sie die Wunder sahen, die er tat. Doch Jesus vertraute sich diesen Leuten nicht an, weil er sie alle durchschaute. Niemand musste ihm etwas über die Menschen sagen, weil er wusste, was in ihrem Innern vorging.

Einer der führenden Juden, ein Pharisäer namens Nikodemus, kam eines Nachts zu Jesus. "Rabbi", sagte er, "wir alle wissen, dass du ein Lehrer bist, den Gott uns geschickt hat, denn deine Wunderzeichen beweisen, dass Gott mit dir ist." - "Ja, ich versichere dir", erwiderte Jesus, "wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht einmal sehen." - "Wie kann ein Mensch denn geboren werden, wenn er schon alt ist?", wandte Nikodemus ein. "Er kann doch nicht in den Bauch seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal geboren werden!" - "Ja, ich versichere dir", erwiderte Jesus, "und bestätige es noch einmal: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Menschliches Leben wird von Menschen geboren, doch geistliches Leben von Gottes Geist. Wundere dich also nicht, dass ich dir sagte: Ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind weht, wo er will. Du hörst ihn zwar, aber du kannst nicht sagen, woher er kommt und wohin er geht. So ist es bei jedem, der aus dem Geist geboren ist."

"Wie ist so etwas möglich?", fragte Nikodemus. Jesus erwiderte: "Du als Lehrer Israels weißt das nicht? Ja, ich versichere dir: Wir reden nur von dem, was wir kennen. Und was wir bezeugen, haben wir gesehen. Doch ihr nehmt unsere Worte nicht ernst. Ihr glaubt ja nicht einmal, wenn ich über Dinge rede, die hier auf der Erde geschehen. Wie wollt ihr mir dann glauben, wenn ich euch sage, was im Himmel geschieht? Es ist noch nie jemand in den Himmel hinaufgestiegen. Der einzige, der dort war, ist der, der aus dem Himmel herabgekommen ist, der Menschensohn. Und wie Mose damals in der Wüste die Schlange für alle sichtbar aufgerichtet hat, so muss auch der Menschensohn sichtbar aufgerichtet(a) werden, damit jeder, der ihm vertraut, ewiges Leben hat. Denn so hat Gott der Welt seine Liebe gezeigt: Er gab seinen einzigen Sohn dafür, dass jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern ewiges Leben hat. Gott hat seinen Sohn ja nicht in die Welt geschickt, um sie zu verurteilen, sondern um sie durch ihn zu retten. Wer ihm vertraut, wird nicht verurteilt, wer aber nicht glaubt, ist schon verurteilt. Denn der, an dessen Namen er nicht geglaubt hat, ist der einzigartige Sohn Gottes. Und so vollzieht sich das Gericht: Das Licht ist in die Welt gekommen, aber die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Taten waren schlecht. Wer Böses tut, scheut das Licht. Er kommt nicht ans Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden. Wer sich aber nach der Wahrheit richtet, tritt ans Licht, denn so wird sichtbar, dass sein Tun in Gott gegründet ist."

(a) Eigentlich: erhöht, erhaben gemacht. Das Wort kann im direkten oder übertragenen Sinn verstanden werden und bezieht sich hier auf das Aufrichten des Kreuzes mit dem daran angenagelten Körper.

Der Täufer über Jesus
Johannes 3,22-30

Danach ging Jesus mit seinen Jüngern in das Gebiet von Judäa(b). Er blieb einige Zeit dort, um Menschen zu taufen. Auch Johannes taufte damals in Änon, nicht weit von Salim(c), weil es dort reichlich Wasser gab. Immer noch kamen Menschen zu ihm, um sich taufen zu lassen, denn er war noch nicht im Gefängnis. Da kam es zwischen einigen Jüngern des Johannes und einem Juden zu einem Streit über die Reinigungsvorschriften. Deshalb gingen sie zu Johannes. "Rabbi", sagten sie, "der Mann, der auf der anderen Jordanseite zu dir gekommen ist und auf den du hingewiesen hast, der tauft jetzt auch, und alle gehen zu ihm." Johannes entgegnete: "Kein Mensch kann sich auch nur das Geringste nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel gegeben ist. Ihr selbst könnt bezeugen, dass ich sagte: 'Ich bin nicht der Messias, sondern ich bin nur geschickt worden, ihm den Weg zu bereiten.' Wer die Braut bekommt, ist der Bräutigam. Der Freund des Bräutigams steht dabei und freut sich, wenn er dessen Stimme hört. Das ist auch jetzt meine ganze Freude. Er muss immer größer werden, ich dagegen geringer."

(b) Von Juden bewohnte Gegend zwischen dem Mittelmeer und der Toten Meer.
(c) Salim liegt 12 km südlich von Skythopolis (dem alttestamentlichen Beth-Schean), der einzigen westjordanischen Stadt des Zwölfstädtegebietes. Änon meint die Quellen beim heutigen Tell Schalem, die so stark sind, dass sie große Fischteiche speisen.

Johannes(d) über Jesus
Johannes 3,31-36

(d) Hier fügt der Verfasser des Evangeliums offenbar sein eigenes Zeugnis über Jesus an.

Ja, er ist von oben gekommen und größer als alle anderen. Wer von der Erde stammt, redet aus irdischer Sicht. Der vom Himmel kommt, steht über allen und bezeugt, was er dort gesehen und gehört hat, aber keiner nimmt ihm seine Botschaft ab. Doch wer auf ihn hört, bestätigt damit, dass Gott wahrhaftig ist. Denn er ist von Gott gesandt und verkündigt Gottes eigene Worte, weil Gott ihm den Geist ohne jede Einschränkung gegeben hat. Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gelegt. Wer an den Sohn glaubt, wer ihm vertraut, hat ewiges Leben. Wer dem Sohn aber nicht gehorcht, wird das ewige Leben nie zu sehen bekommen, denn Gottes Zorn wird auf ihm bleiben.

Verhaftung des Täufers
Matthäus 14,3-5; Markus 6,19-20; Lukas 3,19-20

Johannes wies auch Herodes Antipas zurecht. Der Fürst(a) von Galiläa hatte nämlich seinem Stiefbruder Philippus dessen Frau Herodias(b) weggenommen und auch sonst viel Unrecht getan. Johannes warf ihm vor: "Du hattest kein Recht, sie zur Frau zu nehmen." Deswegen ließ Herodes ihn festnehmen und gefesselt ins Gefängnis bringen. Er hätte ihn am liebsten umgebracht, fürchtete aber das Volk, das Johannes für einen Propheten hielt und hatte auch selbst Hochachtung vor ihm. Er wusste, dass Johannes ein gerechter und heiliger Mann war, und schützte ihn deshalb, denn die Herodias verzieh Johannes nicht und wollte ihn umbringen lassen. Doch sie konnte sich nicht durchsetzen. Herodes wurde zwar immer sehr unruhig, wenn er mit Johannes sprach, hörte ihm aber trotzdem gern zu.

(a) Wörtlich: Tetrarch, Regent über den vierten Teil eines Landes. Herodes Antipas war unter römischer Oberherrschaft Fürst von Galiläa und Peräa.
(b) Enkelin Herodes des Großen, war zunächst mit ihrem Onkel Herodes Philippus (nicht dem Fürsten Philippus) verheiratet. Auch Herodes Antipas, ihr jetziger Ehemann, war ein Onkel von ihr.

Die Frau am Brunnen
Matthäus 4,12; Markus 1,14; Lukas 4,14; Johannes 4,1-42

Jesus erfuhr, dass die Pharisäer auf ihn aufmerksam wurden, weil er mehr Menschen zu Jüngern machte und taufte, als Johannes. - Er taufte allerdings nicht selbst; das taten seine Jünger. - Außerdem hörte er, dass man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte. Da verließ er Judäa und kehrte in der Kraft, die ihm der Geist Gottes verlieh, nach Galiläa zurück.

Dabei fühlte er sich gedrängt, den Weg durch Samarien(c) zu nehmen. So kam er zu einem samaritanischen Ort namens Sychar(d). Er lag in der Nähe des Grundstücks, das Jakob damals seinem Sohn Josef vererbt hatte. Dort ist auch der Jakobsbrunnen. Ermüdet von der langen Wanderung hatte sich Jesus an den Brunnen gesetzt. Das war gegen zwölf Uhr mittags. Kurz darauf kam eine samaritanische Frau, um Wasser zu holen. Jesus bat sie: "Gib mir etwas zu trinken!" Seine Jünger waren nämlich in den Ort gegangen, um etwas zu essen zu kaufen. Überrascht fragte die Frau: "Wie kannst du mich um etwas zu trinken bitten? Du bist doch ein Jude und ich eine Samariterin." - Die Juden vermeiden nämlich jeden Umgang mit Samaritern. - Jesus antwortete: "Wenn du wüsstest, welche Gabe Gott für dich bereit hält und wer es ist, der zu dir sagt: 'Gib mir zu trinken', dann hättest du ihn gebeten und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben." - "Herr", sagte die Frau, "du hast doch nichts, womit du Wasser schöpfen kannst; und der Brunnen ist tief. Woher willst du denn das Quellwasser haben? Bist du etwa größer als unser Stammvater Jakob, der uns diesen Brunnen hinterließ? Kannst du uns besseres Wasser geben, als das, was er mit seinen Söhnen und seinen Herden trank?" Jesus erwiderte: "Jeder, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder durstig werden. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst bekommen. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm eine Quelle werden, aus der Wasser für das ewige Leben heraussprudelt." - "Herr, gib mir dieses Wasser", bat die Frau. "Dann werde ich keinen Durst mehr haben und muss nicht mehr zum Wasserholen herkommen."

(c) Von Samaritern bewohnte Gegend zwischen Galiläa im Norden und Judäa im Süden. Die Samariter waren ein Mischvolk aus Israeliten und Heiden (siehe 2. Könige 17,24-40) und wurden von Juden verachtet.
(d) Stadt am Osthang des Berges Ebal.

"Geh und hole deinen Mann hierher!", sagte Jesus. "Ich habe keinen Mann", entgegnete die Frau. "Das ist richtig", erwiderte Jesus. "Du hast keinen Mann. Fünf Männer hast du gehabt und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Da hast du etwas Wahres gesagt." - "Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist", sagte die Frau darauf. "Unsere Vorfahren haben Gott auf diesem Berg hier angebetet. Ihr Juden aber sagt, dass nur in Jerusalem der Ort ist, wo man Gott anbeten darf." - "Glaube mir, Frau", gab Jesus zur Antwort, "es kommt die Zeit, wo ihr den Vater weder auf diesem Berg(e) noch in Jerusalem verehren werdet. Ihr Samariter betet zu Gott, ohne ihn zu kennen. Wir jedoch wissen, wen wir anbeten, denn die Rettung für die Menschen kommt von den Juden. Doch es wird die Zeit kommen - sie hat sogar schon angefangen - wo die wahren Anbeter den Vater verehren, weil sie von seinem Geist erfüllt sind und die Wahrheit erkannt haben. Von solchen Menschen will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist, und die, die ihn anbeten wollen, müssen dabei von seinem Geist bestimmt und von der Wahrheit erfüllt sein."

(e) Gemeint ist der 881 Meter hohe und direkt gegenüberliegende Berg Garizim, auf dem das Hauptheiligtum der Samariter bis 128 v.Chr. gestanden hatte.

"Ich weiß, dass der Messias kommt!", sagte die Frau darauf. - Messias bedeutet "der Gesalbte" und heißt auf griechisch: "Christus". - "Wenn er kommt, wird er uns all diese Dinge erklären." Da sagte Jesus zu ihr: "Du sprichst mit ihm; ich bin es."

In diesem Augenblick kamen seine Jünger zurück. Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach. Doch keiner wagte ihn zu fragen, was er von ihr wolle oder worüber er mit ihr rede. Die Frau nun ließ ihren Wasserkrug neben dem Brunnen stehen, ging in den Ort und verkündete den Leuten: "Da ist einer, der mir alles auf den Kopf zugesagt hat, was ich getan habe. Kommt mit und seht ihn euch an! Vielleicht ist er der Messias." Da strömten die Leute aus dem Ort hinaus, um Jesus zu sehen.

Inzwischen drängten die Jünger Jesus: "Rabbi, iss doch etwas!" Aber Jesus sagte: "Ich lebe von einer Nahrung, die ihr nicht kennt." - "Wer hat ihm denn etwas zu essen gebracht?", fragten sich die Jünger. Da erklärte Jesus: "Meine Nahrung ist, dass ich den Willen Gottes tue, der mich gesandt hat, und das Werk vollende, das er mir aufgetragen hat. Sagt ihr nicht: 'Es braucht vier Monate bis zur Ernte?' Nun, ich sage euch: Blickt euch doch um und seht euch die Felder an. Sie sind reif für die Ernte. Er, der sie einbringt, erhält schon jetzt seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben. So freuen sich Sämann und Schnitter gemeinsam. Das Sprichwort trifft hier genau zu: Einer sät, und ein anderer erntet. Ich habe euch zum Ernten auf ein Feld geschickt, auf dem ihr nicht gearbeitet habt. Andere haben sich vor euch dort abgemüht und ihr erntet die Frucht ihrer Mühe."

Viele Samariter aus dem Ort glaubten an Jesus, weil die Frau ihnen bestätigt hatte: "Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe." Als sie dann zu Jesus hinaus kamen, baten sie ihn, länger bei ihnen zu bleiben. Er blieb zwei Tage dort, und auf sein Wort hin glaubten noch viel mehr Menschen an ihn. "Nun glauben wir, weil wir ihn selbst gehört haben und nicht nur aufgrund deiner Worte. Jetzt wissen wir, dass er wirklich der Retter der Welt ist", sagten sie zu der Frau.

Predigt in Galiläa
Matthäus 4,17; Markus 1,14-15; Lukas 4,14-15; Johannes 4,43-45

Nach diesen zwei Tagen setzte Jesus seine Reise nach Galiläa fort. Jesus hatte selbst einmal erklärt, dass ein Prophet in seiner Heimat nicht geachtet wird. Doch als er jetzt dort ankam, nahmen ihn die Galiläer freundlich auf. Denn sie waren zum Passafest in Jerusalem gewesen und hatten gesehen, was er dort getan hatte.

Von da an begann Jesus die gute Botschaft von Gott zu verkündigen. Er sagte dabei: "Es ist jetzt soweit, die Herrschaft Gottes ist nah. Ändert eure Einstellung und glaubt diese gute Botschaft!" Bald sprach man in der ganzen Gegend von ihm. Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen hoch geachtet.

Ein Kind liegt im Sterben
Johannes 4,46-54

Er kam nun wieder nach Kana, dem Ort in Galiläa, wo er das Wasser zu Wein gemacht hatte. Zu dieser Zeit lebte ein Beamter des Königs in Kafarnaum, dessen Sohn schwer erkrankt war. Als er hörte, dass Jesus von Judäa zurück nach Galiläa gekommen war, suchte er ihn auf und bat ihn, mit nach Kafarnaum hinunter zu kommen und seinen Sohn zu heilen, der schon im Sterben lag. Jesus sagte zu ihm: "Wenn ihr keine außergewöhnlichen Zeichen und Wunder seht, glaubt ihr nicht." Doch der Beamte des Königs flehte ihn an: "Herr, bitte komm, bevor mein Kind stirbt!" - "Geh ruhig heim", sagte Jesus da zu ihm "dein Sohn lebt." Der Mann glaubte an das, was Jesus ihm gesagt hatte, und machte sich wieder auf den Weg. Unterwegs kamen ihm einige seiner Sklaven entgegen und verkündeten: "Dein Junge lebt und ist gesund!" Er fragte sie, seit wann genau es dem Jungen besser gehe. "Gestern Mittag um ein Uhr verschwand das Fieber." Da wusste der Vater, dass das genau der Zeitpunkt war, an dem Jesus zu ihm gesagt hatte: "Dein Sohn lebt." Und er glaubte an Jesus, er und alle in seinem Haus. Dieses außergewöhnliche Zeichen tat Jesus, als er von Judäa wieder zurück gekommen war und bewies so ein zweites Mal in Galiläa seine Macht.

Ein Prophet gilt nichts in seinem Ort
Lukas 4,16-30

So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war. Wie gewöhnlich ging er am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um aus der Heiligen Schrift vorzulesen, reichte man ihm die Schriftrolle des Propheten Jesaja. Er rollte sie auf und fand die Stelle, wo es heißt: "Der Geist des Herrn ruht auf mir, weil er mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Armen gute Botschaft zu bringen, den Gefangenen ihre Freilassung zu verkünden, den Blinden zu sagen, dass sie sehend werden, den Unterdrückten die Freiheit zu bringen und ein Jahr der Gnade des Herrn auszurufen."(a) Er rollte das Buch zusammen, gab es dem Synagogendiener zurück und setzte sich. Alle in der Synagoge sahen ihn erwartungsvoll an. "Heute ist dieses Schriftwort, das ihr eben gehört habt, in Erfüllung gegangen", fing er an. Seine Zuhörer waren beeindruckt und wunderten sich zugleich über die Worte, die ihm geschenkt wurden. "Ist das nicht der Sohn von Josef?", fragten sie. Da sagte er zu ihnen: "Sicher werdet ihr mir jetzt mit dem Sprichwort kommen: 'Arzt, hilf dir selbst!' und denken: 'Du musst auch hier bei dir, in deiner Vaterstadt, das tun, was wir von Kafarnaum(b) gehört haben.' Aber ihr wisst doch, dass ein Prophet in seinem Heimatort nichts gilt. Und es ist auch wahr, dass es zur Zeit des Propheten Elija viele Witwen in Israel gab, damals, als es drei Jahre und sechs Monate lang nicht regnete und im ganzen Land eine große Hungersnot herrschte. Trotzdem wurde Elija zu keiner von ihnen geschickt, sondern zu einer Witwe in Sarepta(c), im Gebiet von Sidon(d). Und viele Aussätzige gab es zur Zeit des Propheten Elischa in Israel, aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman."

(a) Jesaja 61,1-2
(b) Der Ort am See Gennesaret war von Nazaret etwa 50 km entfernt und lag 560 Meter tiefer (etwa 210 Meter unter dem Meeresspiegel).
(c) Phönizischer Ort, 120 km nördlich von Cäsarea, also im heidnischen Ausland. Elija half der Witwe in der Hungersnot und erweckte ihren Sohn vom Tod, siehe 1. Könige 17.
(d) Phönizische Stadt am Mittelmeer, 90 km nordwestlich vom See Gennesaret.

Als sie das hörten, gerieten alle in der Synagoge in Wut. Sie sprangen auf, zerrten Jesus zur Stadt hinaus und führten ihn bis zum Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war; dort wollten sie ihn hinabstürzen. Aber Jesus schritt mitten durch die Menge hindurch und zog weg.

Aus Fischern werden Menschenfischer
Matthäus 4,18-22; Markus 1,16-20; Lukas 5,1-11

Eines Tages stand Jesus am Ufer des Sees Gennesaret. Die Menschen drängten sich um ihn und wollten das Wort Gottes hören. Da bemerkte er zwei Boote am Ufer. Die Fischer waren ausgestiegen, reinigten ihre Netze und brachten sie in Ordnung. Jesus stieg in eins der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück auf den See hinaus zu fahren. So konnte er sich setzen und die Menge vom Boot aus unterweisen.

Als er aufgehört hatte zu reden, sagte er zu Simon: "Fahr hinaus auf den See und wirf mit deinen Leuten die Netze zum Fang aus!" - "Aber Rabbi", wandte Simon ein, "wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch weil du es sagst, will ich die Netze noch einmal auswerfen(a)." Als sie es dann getan hatten, umschlossen sie eine solche Menge Fische, dass die Netze zu reißen begannen. Deshalb winkten sie ihren Mitarbeitern im anderen Boot, sie sollten kommen und ihnen helfen. Zusammen füllten sie beide Boote bis zum Rand, so dass sie fast sanken.

(a) Es waren runde Wurfnetze, 3-5 Meter im Durchmesser, die von Land oder vom Boot aus ins Wasser geworfen wurden und dank der Bleigewichte an den Rändern rasch sanken.

Als Simon Petrus das sah, kniete er sich vor Jesus hin und sagte: "Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch!" Denn er und seine Begleiter waren tief erschrocken, weil sie einen solchen Fang gemacht hatten. Und genauso ging es Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Doch Jesus sagte zu Simon: "Du musst dich nicht fürchten. Von jetzt an wirst du ein Menschenfischer sein." Dann forderte er Simon und seinen Bruder Andreas auf: "Kommt, folgt mir! Ich werde euch zu Menschenfischern machen." Da zogen sie die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten ihm. Auch die beiden Zebedäussöhne forderte er gleich auf, mit ihm zu kommen. Da ließen sie ihren Vater mit den Lohnarbeitern im Boot zurück und folgten ihm.

Erstaunen in Kafarnaum
Markus 1,21-28; Lukas 4,31-37

Gleich am folgenden Sabbat ging er in die Synagoge von Kafarnaum und sprach zu den Menschen dort. Die waren sehr überrascht und aufgewühlt von seiner Lehre, denn er lehrte nicht, wie sie es von den Gesetzeslehrern kannten, sondern sprach mit Vollmacht. Nun war da gerade in ihrer Synagoge ein Mann, der von einem bösen Geist, einem Dämon, besessen war. Der fing plötzlich an zu schreien: "Was willst du von uns, Jesus von Nazaret? Bist du hergekommen, um uns zu vernichten? Ich weiß genau, wer du bist: der Heilige Gottes." - "Schweig!", herrschte Jesus ihn an. "Verlass den Mann sofort!" Darauf zerrte der böse Geist den Mann hin und her, warf ihn mitten unter ihnen zu Boden und verließ ihn mit einem lauten Schrei, ohne ihm weiter zu schaden. Die Leute waren so überrascht und erschrocken, dass sie sich gegenseitig sagten: "Was für ein Wort! Welche Vollmacht und Kraft! Er befiehlt den bösen Geistern und sie fahren tatsächlich aus!" Sein Ruf verbreitete sich mit Windeseile im ganzen galiläischen Umland. Bald sprach man überall von ihm.

Herr über Krankheitsmächte
Matthäus 8,14-17; Markus 1,29-34; Lukas 4,38-41

Nachdem sie die Synagoge verlassen hatten, gingen sie zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus von Simon und Andreas. Simons Schwiegermutter war von einem heftigen Fieber befallen und lag im Bett und man bat ihn, ihr zu helfen. Er trat an ihr Bett und bedrohte das Fieber. Dann fasste er sie bei der Hand und richtete sie auf. Im selben Augenblick verschwand das Fieber. Sie konnte gleich aufstehen und ihre Gäste bewirten.

Am Abend, es war nach Sonnenuntergang, brachten die Leute alle ihre Kranken und Besessenen zu Jesus - Menschen mit den verschiedensten Leiden. Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt. Jedem von ihnen legte er die Hände auf und heilte sie. Von vielen fuhren auch Dämonen aus und schrien: "Du bist der Sohn Gottes!" Aber Jesus herrschte sie an und verbot ihnen, weiterzureden, weil sie wussten, wer er war, nämlich der Messias.

So erfüllte sich, was durch den Propheten Jesaja vorausgesagt worden war: "Er hat unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen."(b)

(b) Jesaja 53,4

Jesus ist für alle da
Matthäus 4,23; Markus 1,35-39; Lukas 4,42-44

Früh am Morgen, als es noch völlig dunkel war, stand er auf und ging aus dem Haus fort an eine einsame Stelle, um dort zu beten. Simon und die, die bei ihm waren, eilten ihm nach. Als sie ihn gefunden hatten, sagten sie zu ihm: "Alle suchen dich!" Doch er erwiderte: "Lasst uns anderswohin gehen, in die umliegenden Ortschaften, damit ich auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen." Doch die Leute suchten ihn, bis sie ihn gefunden hatten. Sie wollten ihn festhalten und verhindern, dass er von ihnen wegging. Aber er sagte zu ihnen: "Ich muss auch den anderen Städten die gute Botschaft vom Reich Gottes verkündigen, denn dazu hat Gott mich gesandt."

So zog er durch ganz Galiläa, predigte in den Synagogen und verkündigte die gute Botschaft vom Reich Gottes. Er heilte alle Kranken und Leidenden im Volk und trieb die Dämonen aus.

Das Zeichen des Geheilten
Matthäus 8,2-4; Markus 1,40-45; Lukas 5,12-16

In einer der Städte war ein Mann, der am ganzen Körper Aussatz(a) hatte. Als der Jesus sah, warf er sich vor ihm nieder, beugte das Gesicht zur Erde und bat ihn flehentlich: "Herr, wenn du willst, kannst du mich rein machen." Jesus hatte Mitleid mit ihm, berührte ihn mit seiner Hand und sagte: "Ich will es, sei rein!" Sofort verschwand der Aussatz, und der Mann war geheilt. Jesus schickte ihn auf der Stelle weg und befahl ihm mit aller Entschiedenheit: "Pass auf, dass du niemand auch nur ein Wort davon sagst. Geh stattdessen zum Priester, zeig dich ihm und bring das Opfer für deine Reinigung wie Mose es angeordnet hat. Das soll ein Beweis für sie sein."

(a) Aussatz. Bezeichnung für rasch um sich greifende Hautkrankheiten, Lepra eingeschlossen.

Der Mann ging weg, erzählte aber überall von seiner Heilung und machte die Sache bekannt, so dass Jesus in keine Stadt mehr gehen konnte, ohne Aufsehen zu erregen. Die Menschen strömten in Scharen herbei, um ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Er hielt sich deshalb nur noch außerhalb der Ortschaften an einsamen Stellen auf. Doch die Leute kamen von überall her zu ihm. Jesus aber zog sich immer wieder in die Einsamkeit zurück, um zu beten.

Die Sünden des Gelähmten
Matthäus 9,1-8; Markus 2,1-12; Lukas 5,17-26

Einige Tage später kehrte Jesus nach Kafarnaum, in seine Stadt, zurück. Schnell sprach sich herum, dass er wieder zu Hause sei. Da kamen so viele Menschen bei ihm zusammen, dass sie keinen Platz mehr hatten, nicht einmal vor der Tür. Unter den Zuhörern saßen auch Pharisäer(a) und Gesetzeslehrer. Sie waren aus allen Dörfern Galiläas, aus Judäa und Jerusalem gekommen. Und die Kraft des Herrn drängte Jesus, zu heilen.

(a) Religionspartei, die auf genaue Einhaltung der Gesetze und Überlieferungen Wert legte.

Während er ihnen die Botschaft Gottes verkündigte, trugen vier Männer einen Gelähmten heran. Er lag auf einer Matte. Sie wollten ihn ins Haus hineintragen und vor Jesus hinlegen. Weil sie aber wegen des Gedränges der Leute keinen Weg fanden, wie sie ihn hineinbringen sollten, stiegen sie aufs Dach. Sie brachen die Lehmdecke über der Stelle auf, wo Jesus sich befand, deckten einige Ziegel ab und beseitigten die Holzknüppel. Dann ließen sie die Matte mit dem Kranken mitten unter sie hinunter, genau vor Jesus.

Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: "Du brauchst keine Angst zu haben, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben." Einige Gesetzeslehrer und Pharisäer dachten im Stillen: "Was bildet der sich ein? Das ist ja Gotteslästerung! Niemand kann Sünden vergeben, außer Gott!"

Jesus hatte sofort erkannt, was in ihnen vorging und sprach sie an: "Warum gebt ihr so schlechten Gedanken Raum in euch? Ist es leichter zu einem Gelähmten sagen: 'Deine Sünden sind dir vergeben' oder 'Steh auf, nimm deine Matte und geh umher'? Doch ihr sollt wissen, dass der Menschensohn(a) die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben." Damit wandte er sich dem Gelähmten zu und sagte: "Ich befehle dir: Steh auf, nimm deine Matte und geh nach Hause!" Der Mann stand sofort auf, nahm seine Matte und ging vor den Augen der ganzen Menge hinaus. Dabei pries er Gott unaufhörlich. Die Leute waren erschrocken und priesen Gott, der den Menschen solche Vollmacht gegeben hat. Sie sagten voller Furcht: "So etwas Unglaubliches haben wir noch nie gesehen!"

(a) Menschensohn ist eine von Jesus bevorzugte Selbstbezeichnung. Er knüpft damit an ein Wort Daniels (7,13) an, wo der zukünftige Herrscher des Gottesreiches angekündigt wird.

Zum Fest bei Zöllnern
Matthäus 9,9-13; Markus 2,13-17; Lukas 5,27-32

Danach ging Jesus wieder einmal an den See hinaus. Die ganze Menschenmenge kam zu ihm und er belehrte sie. Als er weiterging und an der Zollstelle vorbei kam, sah er Levi, den Sohn von Alphäus, dort sitzen und sagte zu ihm: "Komm, folge mir!" Ohne zu zögern ließ Levi, der auch Matthäus hieß, alles zurück, stand auf und folgte Jesus. Später gab er ihm zu Ehren ein großes Festessen in seinem Haus und lud dazu noch viele Zolleinnehmer und andere Leute mit zweifelhaftem Ruf ein. Viele von ihnen gehörten schon zu denen, die ihm nachfolgten. Aber die Pharisäer und die Gesetzeslehrer, die zu ihrer Partei gehörten, sagten ärgerlich zu den Jüngern von Jesus: "Wie könnt ihr und euer Rabbi nur mit Steuereintreibern und diesem Gesindel zusammen essen und trinken!" Da griff Jesus ein gab ihnen zur Antwort: "Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, um Gerechten zu sagen, dass sie ihre Einstellung ändern müssen, sondern Sündern. Nun geht und denkt einmal darüber nach, was mit dem Wort gemeint ist: 'Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer!'(b) Dann versteht ihr auch, dass ich nicht gekommen bin, die Gerechten zu rufen, sondern die Sünder."

(b) Hosea 6,6

Fasten oder nicht?
Matthäus 9,14-17; Markus 2,18-22; Lukas 5,33-39

Die Jünger des Johannes und die Pharisäer pflegten regelmäßig zu fasten. Einmal kamen die Johannesjünger zu Jesus und fragten: "Wie kommt es, dass wir und die Pharisäer so viel fasten, deine Jünger aber nicht? Sie essen und trinken." Jesus erwiderte: "Könnt ihr die Hochzeitsgäste denn fasten lassen, wenn der Bräutigam noch bei ihnen ist? Nein, solange der Bräutigam da ist, können sie nicht fasten. Die Zeit kommt früh genug, dass der Bräutigam ihnen entrissen wird. Dann werden sie fasten."

Er machte es ihnen auch noch mit einem Vergleich deutlich: "Niemand näht doch ein Stück Stoff aus einem neuen Kleid auf ein altes Gewand, sonst reißt das neue Stück aus und der Riss im alten Stoff wird noch größer. Und dann hätte er das neue Kleid zerschnitten und das Stück würde ja auch nicht zu dem alten passen. Und niemand wird doch neuen Wein, der noch gärt, in alte Weinschläuche füllen. Der junge Wein würde die Schläuche zum Platzen bringen. Dann wären Wein und Schläuche verdorben. Nein, neuen Wein füllt man in neue Schläuche. Aber niemand, der alten Wein getrunken hat, will anschließend neuen. 'Der alte ist besser', wird er sagen."

Vergebliches Warten
Johannes 5,1-9

Einige Zeit später ging Jesus zu einem der jüdischen Feste nach Jerusalem hinauf. Dort gibt es in der Nähe des Schaftors eine Teichanlage mit fünf Säulenhallen, die auf hebräisch "Betesda" genannt wird. In diesen Hallen lagen Scharen von kranken Menschen, Blinde, Gelähmte, Verkrüppelte. ()(a) Einer der Männer dort war seit achtunddreißig Jahren krank. Als Jesus ihn sah, wurde ihm klar, dass er schon lange krank war, und er fragte ihn: "Willst du gesund werden?" - "Herr", erwiderte der Kranke, "ich habe niemand, der mir hilft, in den Teich zu kommen, wenn das Wasser sich bewegt. Und wenn ich es selbst versuche, kommt immer schon ein anderer vor mir hinein." - "Steh auf, nimm deine Matte und geh!", sagte Jesus da zu ihm. Im selben Augenblick war der Mann geheilt. Er nahm seine Matte und konnte wieder gehen.

(a) Spätere Handschriften fügen zu V. 3 hinzu: "die auf die Bewegung des Wassers warteten. 4 Denn von Zeit zu Zeit kam ein Engel des Herrn und bewegte das Wasser. Und wer danach als erster ins Wasser stieg, wurde geheilt."

Gott gleichgestellt
Johannes 5,9-47

Das geschah an einem Sabbat. Einige von den führenden Männern unter den Juden sagten deshalb zu dem Geheilten: "Heute ist Sabbat! Da darfst du deine Matte nicht tragen." Er antwortete: "Der Mann, der mich geheilt hat, sagte zu mir: 'Nimm deine Matte und geh!'" - "Welcher Mensch hat dir denn so etwas befohlen?", fragten die Juden. Aber der Geheilte wusste nicht, wer es war, denn Jesus hatte den Ort wegen der vielen Menschen schon wieder verlassen.

Später traf Jesus den Mann im Tempel und sagte: "Hör zu! Du bist jetzt gesund. Sündige nicht mehr, damit dir nicht noch Schlimmeres passiert!" Danach ging der Geheilte zu den führenden Juden und sagte ihnen, dass Jesus ihn gesund gemacht hatte.

Von da an begannen die führenden Juden Jesus zu verfolgen, weil er solche Dinge am Sabbat tat. Doch Jesus sagte ihnen: "Mein Vater ist ständig am Werk, und deshalb bin ich es auch." Das brachte sie noch mehr gegen ihn auf. Sie waren jetzt entschlossen, ihn zu töten. Denn Jesus hatte nicht nur ihre Sabbatvorschriften außer Kraft gesetzt, sondern Gott sogar als seinen eigenen Vater bezeichnet und sich damit Gott gleichgestellt.

Auf ihre Anschuldigungen erwiderte Jesus: "Ja, ich versichere euch: Der Sohn kann nichts von sich heraus tun; er tut nur, was er den Vater tun sieht. Was der Vater tut, das tut genau auch der Sohn. Denn der Vater hat den Sohn lieb und zeigt ihm alles, was er selber tut. Und er wird ihm noch viel größere Dinge zu tun zeigen - Dinge, über die ihr staunen werdet. Denn wie der Vater die Toten zum Leben erweckt, gibt auch der Sohn das Leben wem er will, weil nicht der Vater das Urteil über die Menschen spricht, sondern der Sohn. Der Vater hat die ganze richterliche Macht dem Sohn übertragen, damit alle den Sohn ebenso ehren wie den Vater. Doch wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat.

Ja, ich versichere euch: Wer auf meine Botschaft hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben. Auf ihn kommt keine Verurteilung mehr zu; er hat den Schritt vom Tod ins Leben schon hinter sich. Ja, ich versichere euch: Die Zeit kommt, ja sie ist schon da, dass die Toten die Stimme des Gottessohnes hören. Wer auf sie hört, wird leben. Denn wie der Vater aus sich selbst heraus Leben hat, hat auch der Sohn Leben aus sich selbst heraus, weil der Vater es ihm gegeben hat. Und er hat ihm auch die Vollmacht gegeben, Gericht zu halten; denn er ist der angekündigte Menschensohn.

Ihr müsst euch darüber nicht wundern, denn es wird die Stunde kommen, in der alle Toten in den Gräbern seine Stimme hören und herauskommen werden. Diejenigen, die das Gute getan haben, werden zum ewigen Leben auferweckt werden, und diejenigen, die das Böse getan haben, zu ihrer Verurteilung. Ich kann nichts von mir aus tun; selbst dann, wenn ich urteile, höre ich auf den Vater. Und mein Urteil ist gerecht, weil es nicht meinem eigenen Willen entspricht, sondern dem meines Vaters, der mich gesandt hat.

Wenn ich als Zeuge für mich selbst auftreten würde, wäre mein Zeugnis nicht glaubwürdig. Es gibt einen anderen Zeugen, der für mich aussagt, und ich weiß, dass er die Wahrheit sagt. Ihr habt eure Leute zu Johannes geschickt und er hat euch die Wahrheit bezeugt. Nicht, dass ich auf die Aussage eines Menschen angewiesen wäre; ich sage das nur, weil ich möchte, dass ihr gerettet werdet. Johannes war wie eine brennende, hell scheinende Lampe. Aber ihr wolltet euch nur eine Zeitlang an seinem Licht erfreuen.

Doch ich habe ein größeres Zeugnis als das des Johannes: Das sind die Werke, die der Vater mir zu tun aufgibt. Diese Taten bezeugen, dass er mich gesandt hat. Auch der Vater selbst hat als Zeuge für mich gesprochen. Ihr habt seine Stimme nie gehört und seine Gestalt nie gesehen. Und nun habt ihr auch sein Wort nicht länger in euch. Denn ihr glaubt ja nicht an den, den er gesandt hat. Ihr forscht in der Schrift, weil ihr meint, in ihr das ewige Leben zu finden, doch sie spricht ja gerade von mir. Und doch wollt ihr nicht zu mir kommen, wo ihr das Leben erhalten würdet.

Ich bin nicht darauf aus, von euch geehrt zu werden, weil ich weiß, dass ihr Gottes Liebe nicht in euch habt. Ich bin im Namen meines Vaters gekommen und ihr lehnt mich ab. Wenn dann ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, werdet ihr ihn mit offenen Armen aufnehmen. Kein Wunder, dass ihr nicht glauben könnt, denn bei euch will ja nur einer vom anderen Anerkennung bekommen. Nur die Anerkennung bei dem einen, wahren Gott sucht ihr nicht.

Denkt nicht, dass ich euch beim Vater anklagen werde. Mose wird das tun, der Mose, auf den ihr eure Hoffnung setzt. Denn wenn ihr Mose wirklich geglaubt hättet, würdet ihr auch mir glauben, denn er hat ja von mir geschrieben. Wenn ihr aber nicht einmal glaubt, was Mose geschrieben hat, wie wollt ihr dann meinen Worten glauben?"

Sabbat für Menschen
Matthäus 12,1-8; Markus 2,23-28; Lukas 6,1-5

In jener Zeit ging Jesus an einem Sabbat durch Kornfelder. Seine Jünger waren hungrig. Deshalb fingen sie unterwegs an Ähren abzurupfen, sie mit den Händen zu zerreiben und die Körner zu essen. Als einige Pharisäer das sahen, sagten sie zu ihm: "Sieh mal, was deine Jünger da tun! Das ist doch am Sabbat nicht erlaubt!" Jesus entgegnete: "Habt ihr denn nie gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren und etwas zu essen brauchten? Wie er damals - als der Hohepriester Abjathar lebte(a) - ins Haus Gottes ging, von den geweihten Broten aß und auch seinen Begleitern davon gab, obwohl nach dem Gesetz doch nur die Priester davon essen dürfen? Oder habt ihr nie im Gesetz gelesen, dass die Priester auch am Sabbat im Tempel Dienst tun? Damit übertreten sie die Sabbatvorschriften und werden doch nicht schuldig. Und ich sage euch: Hier ist einer, der mehr ist als der Tempel. Wenn ihr begriffen hättet, was das heißt: 'Barmherzigkeit ist mir lieber als Opfer!', dann hättet ihr nicht Unschuldige verurteilt. Denn der Menschensohn ist Herr über den Sabbat." Und Jesus fügte hinzu: "Der Sabbat wurde für den Menschen geschaffen und nicht der Mensch für den Sabbat. Darum kann der Menschensohn auch über den Sabbat bestimmen."

(a) Amtierender Hoherpriester war zu dieser Zeit noch der Vater Abjathars, Ahimelech; siehe 1. Samuel 21,1-7.

Was am Sabbat erlaubt ist
Matthäus 12,9-14; Markus 3,1-6; Lukas 6,6-11

Als Jesus ein anderes Mal in eine ihrer Synagogen ging und zu den Menschen sprach, saß dort ein Mann, dessen rechte Hand verkrüppelt war. Seine Gegner, die Gesetzeslehrer und die Pharisäer, passten genau auf, ob er ihn am Sabbat heilen würde, denn sie wollten einen Grund finden, ihn anzuklagen. Jesus wusste, was sie dachten und sagte deshalb zu dem Mann mit der gelähmten Hand: "Steh auf und stell dich in die Mitte!" Der Mann stand auf und trat vor. Dann fragte Jesus die Anwesenden: "Soll man am Sabbat Gutes tun oder Böses? Soll man ein Leben retten oder es zugrunde gehen lassen?" Sie schwiegen. Jesus fuhr fort: "Wenn am Sabbat einem von euch ein Schaf in eine Grube stürzt, zieht er es dann nicht sofort wieder heraus? Nun ist ein Mensch doch viel mehr wert als ein Schaf. Also ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun." Er sah sie zornig der Reihe nach an und war zugleich traurig über ihre verstockten Herzen. Dann befahl er dem Mann: "Streck die Hand aus!" Der gehorchte, und seine Hand war heil und gesund wie die andere. Da wurden die Pharisäer von sinnloser Wut gepackt. Sie gingen sofort hinaus und berieten miteinander und mit den Anhängern von Herodes Antipas(a), was sie gegen ihn unternehmen und wie sie ihn umbringen könnten.

(a) Sohn von Herodes dem Großen. Er regierte unter römischer Oberherrschaft die Gebiete Galiläa und Peräa.

Massenheilung?
Matthäus 4,24-25; Matthäus 12,15-21; Markus 3,7-12

Jesus wusste, was sie vorhatten, und zog sich mit seinen Jüngern an den See zurück. Scharen von Menschen folgten ihm, und er heilte sie alle.

Bald wurde überall von ihm gesprochen, weil sie von seinen Taten gehört hatten, selbst in Syrien. Man brachte alle Leidenden zu ihm, Menschen, die an den unterschiedlichsten Krankheiten und Beschwerden litten, auch Besessene, Epileptiker und Gelähmte. Er heilte sie alle. Große Menschenmengen folgten ihm aus Galiläa, aus dem Zehnstädtegebiet(b), aus Jerusalem Judäa und Idumäa(c), aus dem Ostjordanland und der Gegend von Tyrus und Sidon(d).

(b) Bund von zehn freien Städten im Ostjordanland, die von griechischer Kultur geprägt waren.
(c) Von Edomitern bewohntes Gebiet südlich von Juda und westlich des Toten Meeres, etwa 200 km südlich vom See Gennesaret.
(d) Phönizische Städte am Mittelmeer, etwa 60 bzw. 90 km nordwestlich vom See Gennesaret.

Da befahl er seinen Jüngern, ihm ein Boot bereit zu halten, damit die Menge ihn nicht so bedrängte, denn er heilte viele. Und alle, die ein Leiden hatten, drängten sich an ihn heran, um ihn zu berühren. Und wenn von bösen Geistern besessene Menschen ihn sahen, warfen sie sich vor ihm nieder und schrien: "Du bist der Sohn Gottes!" Doch Jesus verbot ihnen streng, ihn bekannt zu machen.

Auch den Geheilten verbot er nachdrücklich, in der Öffentlichkeit von ihm zu reden. Damit sollte in Erfüllung gehen, was der Prophet Jesaja angekündigt hatte: "Seht, das ist mein Beauftragter, den ich erwählt habe, den ich liebe und an dem ich Freude habe. Ich werde meinen Geist auf ihn legen, und er wird den Völkern das Recht verkünden. Er wird nicht streiten und herumschreien. Man wird seine Stimme nicht auf den Straßen hören. Ein geknicktes Rohr wird er nicht zerbrechen, einen glimmenden Docht nicht auslöschen. So wird er schließlich dem Recht zum Sieg verhelfen. Und auf seinen Namen werden die Völker ihre Hoffnung setzen."(e)

(e) Jesaja 42,1-4

Die Zwölf
Matthäus 5,1; 10,2-4; Markus 3,13-19; Lukas 6,12-16

In jener Zeit zog Jesus sich auf einen Berg zurück, um zu beten. Er betete die ganze Nacht. Als es Tag wurde, rief er seine Jünger herbei, wählte zwölf von ihnen aus und nannte sie Apostel. Diese Zwölf wollte er ständig um sich haben und später aussenden, damit sie predigten und in seiner Vollmacht Dämonen austrieben. Die Zwölf, die er dazu bestimmte, waren folgende: An erster Stelle Simon, der Petrus genannt wird, und sein Bruder Andreas, Jakobus Ben-Zebedäus und sein Bruder Johannes - beide nannte er übrigens Boanerges, das heißt, "Donnersöhne" -, dann Philippus und Bartholomäus(f), Thomas(a) und der Zöllner Matthäus, Jakobus Ben-Alphäus und Thaddäus - das ist Judas(b) Ben-Jakobus -, Simon, der zu den Zeloten(c) gehört hatte und Judas, der ein Sikarier(d) gewesen war und ihn später verraten hat.

(f) Das ist wahrscheinlich ein anderer Namen für Nathanael (Johannes 1,45)
(a) Johannes 11,16 wird er Didymus, Zwilling, genannt.
(b) Um diesen Judas von dem Sikarier zu unterscheiden, wurde er wahrscheinlich Judas Thaddäus genannt, Judas, der geliebte.
(c) Jüdische Partei der "Eiferer", die aktiven Widerstand gegen die Römer leistete, es ablehnte Steuern zu zahlen und das messianische Reich mit Gewalt herbeizwingen wollte.
(d) Die militanteste Gruppe unter den Zeloten, Dolchmänner (von sika = Dolch), die römerfreundliche Juden umbrachten (siehe Apostelgeschichte 21,38).

Heilungen
Lukas 6,17-19

Mit ihnen stieg Jesus den Berg hinunter bis zu einem ebenen Platz, wo sich eine große Schar seiner Jünger versammelt hatte. Sie hatten zusammen mit einer großen Menschenmenge aus ganz Judäa, aus Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus(e) und Sidon auf ihn gewartet und waren gekommen, um ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Auch Menschen, die von bösen Geistern geplagt waren, wurden geheilt. Alle versuchten, ihn zu berühren, denn es ging eine Kraft von ihm aus, die alle gesund machte.

(e) Phönizische Hafenstadt, etwa 65 km nordwestlich des Sees Gennesaret.

Glücklich seid ihr!
Matthäus 5,1-12; Lukas 6,20-26

Jesus setzte sich. Da versammelten sich seine Jünger um ihn und er begann, sie zu lehren. Er sagte:

"Wie beneidenswert glücklich seid ihr, weil ihr eure Armut vor Gott erkennt, denn euch gehört das Reich Gottes! Wie glücklich sind die, die Leid tragen über Sünde, denn Gott wird sie trösten! Wie glücklich sind die, die sich nicht selbst durchsetzen! Sie werden das Land besitzen. Wie glücklich sind die, die nach dem rechten Verhältnis zu Gott und Menschen hungern und dürsten! Sie werden satt werden. Wie glücklich sind die Barmherzigen! Ihnen wird Gott seine Zuwendung schenken. Wie glücklich sind die, die ein reines Herz haben! Sie werden Gott sehen. Wie glücklich sind die, von denen Frieden ausgeht! Sie werden Kinder Gottes genannt. Wie glücklich seid ihr, die ihr jetzt hungert, denn Gott wird euch satt machen! Wie glücklich seid ihr, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen! Wie glücklich sind die, die verfolgt werden, weil sie Gottes Willen tun. Ihnen gehört das Himmelreich."

"Wie beneidenswert glücklich seid ihr, wenn die Menschen euch hassen, wenn sie euch beschimpfen, ausstoßen, verfolgen und verleumden, weil ihr zu mir gehört. Freut euch, wenn das geschieht, jubelt und springt vor Freude! Denn im Himmel wartet eine große Belohnung auf euch. Mit den Propheten haben ihre Vorfahren es nämlich genauso gemacht."

"Aber weh euch, ihr Reichen, denn ihr habt euren Anteil schon kassiert! Weh euch, ihr Satten, denn ihr werdet hungern! Weh euch, ihr Lachenden, denn ihr werdet trauern und weinen! /Und weh euch, wenn alle Menschen gut von euch reden, denn genauso haben es ihre Vorfahren mit den falschen Propheten gemacht."

Salz und Licht
Matthäus 5,13-16

"Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz aber seinen Geschmack verliert, womit soll man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts anderem mehr als auf den Weg geschüttet, um von den Leuten zertreten zu werden. Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht eine Lampe an und stellt sie unter einen umgestülpten Topf, im Gegenteil, man stellt sie auf den Lampenständer, damit sie allen im Haus Licht gibt. So soll euer Licht vor den Menschen leuchten: Sie sollen eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen."

Das Gesetz erfüllen
Matthäus 5,17-37

"Denkt nicht, dass ich gekommen bin, um das Gesetz oder die Propheten außer Kraft zu setzen. Ich bin nicht gekommen, ihre Forderungen abzuschaffen, sondern um sie zu erfüllen. Denn ich versichere euch: Solange Himmel und Erde bestehen, wird auch nicht ein Jota(a) oder ein Strichlein vom Gesetz vergehen; alles muss sich erfüllen. Wer auch nur eins von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen in diesem Sinn lehrt, der gilt im Himmelreich als der Geringste. Wer aber danach handelt und entsprechend lehrt, der wird in der neuen Welt Gottes hochgeachtet sein. Ich sage euch: Wenn ihr Gottes Willen nicht besser erfüllt, als die Gesetzeslehrer und Pharisäer, werdet ihr mit Sicherheit nicht ins Himmelreich kommen.

(a) Jota ist der kleinste Buchstabe des griechischen Alphabetes und entspricht dem Hebräischen Jod.

Ihr habt gehört, dass zu den Vorfahren gesagt worden ist: 'Du sollst keinen Mord begehen.(b) Wer mordet soll vor Gericht gestellt werden.' Ich aber sage euch: Schon wer auf seinen Bruder zornig ist, gehört vor Gericht. Wer aber zu seinem Bruder 'Schwachkopf' sagt, der gehört vor den Hohen Rat(c). Und wer zu ihm sagt: 'Du Idiot!', gehört ins Feuer der Hölle. Wenn du also deine Opfergabe zum Altar bringst und es fällt dir dort ein, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann lass deine Gabe vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder! Dann komm und bring Gott dein Opfer. Wenn du jemand eine Schuld zu bezahlen hast, einige dich schnell mit deinem Gegner, solange du noch mit ihm auf dem Weg zum Gericht bist. Sonst wird er dich dem Richter ausliefern, und der wird dich dem Gerichtsdiener übergeben, und du kommst ins Gefängnis. Ich versichere dir, du kommst erst dann wieder heraus, wenn du den letzten Cent(d) bezahlt hast.

(b) 2. Mose 20,13
(c) Der Hohe Rat, das Synedrium, war zu jener Zeit der oberste Gerichtshof Israels. Er bestand aus dem Hohen Priester und 70 Personen, die zu drei Gruppen gehörten: den ehemaligen Hohen Priestern (und Angehörigen der Tempelhierarchie), den Ältesten (geachtete Männer aus den führenden Familien) und den Gesetzeslehrern (hauptsächlich Pharisäer).
(d) Wörtlich: Quadrans, die kleinste römische Münze. Der 64. Teil eines Tagesverdienstes.

Ihr wisst, dass es heißt: 'Du sollst nicht Ehebruch begehen!'(e) Ich aber sage euch: Wer die Frau eines anderen begehrlich ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen. Wenn du durch dein rechtes Auge verführt wirst, dann reiß es aus und wirf es weg! Es ist besser für dich, du verlierst eins deiner Glieder, als dass du mit unversehrtem Körper in die Hölle kommst. Und wenn dich deine rechte Hand zur Sünde verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg. Es ist besser für dich, du verlierst eins deiner Glieder, als dass du mit unversehrtem Körper in die Hölle kommst.

(e) 2. Mose 20,14

Es heißt: 'Wer sich von seiner Frau trennen will, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben.'(f) Ich aber sage euch: Jeder, der sich von seiner Frau trennt - es sei denn, sie ist ihm untreu geworden -, treibt sie in den Ehebruch. Und wer eine geschiedene Frau heiratet, begeht auch Ehebruch.

(f) 5. Mose 24,1

Ihr wisst auch, dass zu den Vorfahren gesagt worden ist: 'Du sollst keinen Meineid schwören; du sollst alles halten, was du dem Herrn geschworen hast!'(g) Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel - er ist ja Gottes Thron -, noch bei der Erde - sie ist der Schemel seiner Füße -, noch bei Jerusalem, denn sie ist die Stadt des großen Königs. Nicht einmal mit deinem Kopf sollst du dich verbürgen, wenn du etwas schwörst, denn du kannst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz werden lassen. Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein! Alles was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen."

(g) Nach 3. Mose 19,12 und 4. Mose 30,3.

Matthäus 5,38-48; Lukas 6,27-36

Ihr wisst, dass es heißt: 'Auge um Auge, Zahn um Zahn.'(a) Ich aber sage euch: Verzichtet auf Gegenwehr, wenn euch jemand Böses antut! Mehr noch: Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die linke hin. Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dem lass auch den Umhang(b). Und wenn dich jemand zwingt, eine Meile(c) mitzugehen, mit dem geh zwei. Gib dem, der dich bittet und weise den nicht ab, der etwas von dir borgen will. Und wenn dir etwas weggenommen wird, dann versuche nicht, es wiederzubekommen! Behandelt alle Menschen so, wie ihr von ihnen behandelt sein wollt!

(a) 2. Mose 21,24
(b) Oder: Mantel. Großes quadratisches Stück festen Stoffs, das über dem Untergewand (eine Art Hemd, das bis zu den Knien reichte) getragen wurde. Man konnte auch Gegenstände darin tragen, und die Armen, z.B. Hirten, wickelten sich nachts darin ein.
(c) Römische Soldaten konnten einen Juden jederzeit zu einer wegkundigen Begleitung oder zum Lastenragen zwingen, allerdings nur für eine Meile = 1478,5 Meter.

Ihr wisst, dass es heißt: 'Du sollst deinen Mitmenschen lieben und deinen Feind hassen.'(d) Ich aber sage euch, die ihr mir wirklich zuhört: Liebt eure Feinde und tut denen Gutes, die euch hassen! Segnet die, die euch verfluchen! Betet für die, die euch beleidigen und verfolgen! So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne über Bösen und Guten aufgehen und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welche Anerkennung habt ihr wohl dafür verdient? Denn das machen auch die Zöllner und Sünder. Und wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welche Anerkennung habt ihr dafür verdient? Denn das tun auch die Sünder. Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr damit Besonderes? Das tun auch die, die Gott nicht kennen. Und wenn ihr nur denen etwas leiht, von denen ihr es sicher zurückbekommt, welche Anerkennung verdient ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern in der Hoffnung, alles wiederzubekommen. Ihr aber sollt gerade eure Feinde lieben! Ihr sollt Gutes tun, ihr sollt leihen und euch keine Sorgen darüber machen, ob ihr es wiederbekommt. Dann wartet eine große Belohnung auf euch und ihr handelt wie Kinder des Höchsten. Denn er ist auch gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist! Ja, ihr sollt vollkommen sein wie euer Vater im Himmel vollkommen ist."

(d) Nach 3. Mose 19,18 und 5. Mose 23,6-7.

Frömmigkeit ist keine Show
Matthäus 6,1-18

Hütet euch, eure Frömmigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen. Sonst könnt ihr keinen Lohn vom Vater im Himmel erwarten. Wenn du zum Beispiel den Armen etwas gibst, dann lasse es nicht vor dir her ausposaunen, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun, um von den Leuten geehrt zu werden. Ich versichere euch: Mit dieser Ehrung haben sie ihren Lohn schon kassiert. Wenn du den Armen etwas gibst, dann soll deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, damit deine Mildtätigkeit im Verborgenen bleibt. Dann wird dein Vater, der ins Verborgene sieht, dich belohnen.

Wenn ihr betet, macht es nicht so wie die Heuchler, die sich dazu gern in die Synagogen und an die Straßenecken stellen, damit sie von den Leuten gesehen werden. Ich versichere euch: Mit dieser Ehrung haben sie ihren Lohn schon kassiert. Wenn du betest, geh in dein Zimmer, schließ die Tür und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dann wird dein Vater, der ins Verborgene sieht, dich belohnen. Beim Beten sollt ihr nicht plappern wie die Menschen, die Gott nicht kennen. Sie denken, dass sie erhört werden, wenn sie viele Worte machen. Macht es nicht wie sie! Denn euer Vater weiß ja, was ihr braucht, noch bevor ihr ihn bittet. Ihr sollt vielmehr so beten:

Unser Vater im Himmel! Dein heiliger Name werde geehrt! Deine Herrschaft komme! Dein Wille geschehe auf der Erde wie im Himmel! Gib uns, was wir heute brauchen! Und vergib uns unsere ganze Schuld! Auch wir haben denen vergeben, die an uns schuldig geworden sind. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns vor dem Bösen!(a)

(a) Spätere Handschriften fügen hier noch einen Lobpreis ein (siehe 1Chron 29,11-13): "Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen."

Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, wird euer Vater im Himmel euch auch vergeben. Wenn ihr den Menschen aber nicht vergebt, dann wird euer Vater auch eure Verfehlungen nicht vergeben.

Wenn ihr fastet, dann setzt keine wehleidige Miene auf wie die Heuchler. Sie vernachlässigen ihr Aussehen, damit die Leute ihnen ansehen, dass sie fasten. Ich versichere euch: Mit dieser Ehrung haben sie ihren Lohn schon kassiert. Wenn du fastest, dann pflege dein Haar und wasche dein Gesicht, damit nicht die Leute sehen, dass du fastest, sondern dein Vater, der im Verborgenen ist. Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich belohnen.

Vertrauen statt Sorgen
Matthäus 6,19-34

Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde, wo Motten und Rost sie zerfressen oder Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch lieber Schätze im Himmel, wo sie weder von Motten noch von Rost zerfressen werden können und auch vor Dieben sicher sind. Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein. Dein Auge vermittelt dir das Licht. Wenn dein Auge klar ist, kannst du dich im Licht bewegen. Ist es schlecht, dann steht dein Körper im Finstern. Wenn nun das Licht in dir Dunkelheit ist, welch eine Finsternis wird das sein!

Niemand kann gleichzeitig zwei Herren unterworfen sein. Entweder wird er den einen bevorzugen und den anderen vernachlässigen oder dem einen treu sein und den anderen hintergehen. Ihr könnt nicht Gott und dem Mammon(b) gleichzeitig dienen. Deshalb sage ich euch: Sorgt euch nicht um Essen und Trinken zum Leben und um die Kleidung für den Körper. Das Leben ist doch wichtiger als die Nahrung und der Körper wichtiger als die Kleidung. Schaut euch die Vögel an! Sie säen nicht, sie ernten nicht und haben auch keine Vorratsräume, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Und ihr? Ihr seid doch viel mehr wert als diese Vögel! Wer von euch kann sich denn durch Sorgen das Leben auch nur um einen Tag(c) verlängern? Und warum macht ihr euch Sorgen um die Kleidung? Seht euch an wie die Lilien wachsen. Sie strengen sich dabei nicht an und nähen sich auch nichts. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht so schön gekleidet wie eine von ihnen. Wenn Gott sogar die Feldblumen, die heute blühen und morgen ins Feuer geworfen werden, so schön kleidet, wie viel mehr wird er sich dann um euch kümmern, ihr Kleingläubigen! Macht euch also keine Sorgen! Fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? Denn damit plagen sich die Menschen dieser Welt herum. Euer Vater weiß doch, dass ihr das alles braucht! Euch soll es zuerst um Gottes Reich und um seine Gerechtigkeit gehen, dann wird er euch alles übrige dazugeben. Sorgt euch also nicht um das, was morgen ist! Denn der Tag morgen wird für sich selbst sorgen. Die Plagen von heute sind für heute genug!

(b) Aramäischer Begriff für Besitz oder Vermögen.
(c) Wörtlich: eine Elle. Der Ausdruck ist hier im übertragenen Sinn gebraucht.

Das richtige Maß
Matthäus 7,1-6; Lukas 6,37-42

Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden! Verurteilt niemand, dann werdet auch ihr nicht verurteilt! Denn so wie ihr über andere urteilt, wird man auch euch beurteilen. Sprecht frei, dann werdet auch ihr freigesprochen werden! Gebt, und es wird euch gegeben: Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überlaufendes Maß wird man euch in den Schoß schütten. Denn das Maß, mit dem ihr bei anderen messt, wird auch für euch verwendet werden.

Er machte es noch an einigen Vergleichen deutlich: "Kann denn ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in die nächste Grube fallen? Ein Jünger ist doch nicht besser als sein Lehrer. Erst wenn er alles von ihm gelernt hat, wird er so weit sein wie dieser.

Was kümmerst du dich um den Splitter im Auge deines Bruders, bemerkst aber den Balken in deinem eigenen Auge nicht? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: 'Halt still, ich will dir den Splitter aus dem Auge ziehen!' - siehst aber den Balken in deinem eigenen Auge nicht? Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge! Dann wirst du klar sehen und den Splitter aus dem Auge deines Bruders ziehen können.

Gebt das Heilige nicht den Hunden und werft eure Perlen nicht vor die Schweine. Diese trampeln doch nur auf ihnen herum und jene drehen sich um und reißen euch in Stücke.

Der richtige Weg
Matthäus 7,7-14

Bittet, und ihr werdet bekommen, was ihr braucht; sucht, und ihr werdet finden, klopft an, und es wird euch geöffnet! Denn wer bittet, empfängt; wer sucht, findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet. Würde jemand unter euch denn seinem Kind einen Stein geben, wenn es ihn um ein Stück Brot bittet? Würde er ihm denn eine Schlange geben, wenn es ihn um einen Fisch bittet? So schlecht wie ihr seid, wisst ihr doch, was gute Gaben für eure Kinder sind, und gebt sie ihnen auch. Wie viel mehr wird der Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten.

Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch für sie! Das ist es, was Gesetz und Propheten fordern.

Geht durch das enge Tor! Denn das weite Tor und der breite Weg führen ins Verderben, und viele sind dorthin unterwegs. Wie eng ist das Tor und wie schmal der Weg, der ins Leben führt, und nur wenige sind es, die ihn finden!

Durchblick
Matthäus 7,15-23; Lukas 6,43-46

Hütet euch vor den falschen Propheten! Sie sehen aus wie sanfte Schafe, in Wirklichkeit aber sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Von Dornen erntet man keine Weintrauben und von Disteln kann man keine Feigen lesen. So trägt jeder gute Baum gute Früchte und ein schlechter Baum schlechte. Ein guter Baum trägt keine schlechten Früchte und ein schlechter Baum keine guten. Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Deshalb sage ich: An ihren Früchten werden sie erkannt. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil er in seinem Herzen gut ist. Ein böser Mensch bringt Böses hervor, weil sein Herz mit Bösem erfüllt ist. Dein Reden ist von dem bestimmt, was in deinem Herzen ist.

Was nennt ihr mich immerzu 'Herr', wenn ihr doch nicht tut, was ich sage? Nicht jeder, der dauernd 'Herr' zu mir sagt, wird ins Himmelreich kommen, sondern nur der, der den Willen meines Vaters im Himmel tut. An jenem Tag des Gerichts werden viele zu mir sagen: 'Herr, haben wir nicht mit deinem Namen geweissagt? Herr, haben wir nicht mit deinem Namen Dämonen ausgetrieben und mit deinem Namen Wunder getan?' Doch dann werde ich ihnen unmissverständlich erklären: 'Ich habe euch nie gekannt! Macht euch fort, ihr Schufte!'

Wer klug ist
Matthäus 7,24-29; Lukas 6,47-49

Darum gleicht jeder, der zu mir kommt, auf meine Worte hört und tut, was ich sage, einem klugen Mann, der ein Haus baut und dabei so tief ausschachtet, dass er das Fundament auf Felsengrund legen kann. Wenn dann ein Wolkenbruch niedergeht und die Wassermassen heranfluten und die Flut gegen das Haus drückt, wenn dann der Sturm tobt und an dem Haus rüttelt, stürzt es nicht ein, denn es ist auf Felsen gegründet.

Doch wer meine Worte hört und sich nicht danach richtet, gleicht einem unvernünftigen Mann, der sein Haus ohne Fundament einfach auf den Sand setzt. Wenn dann ein Wolkenbruch niedergeht und die Wassermassen heranfluten und die Flut gegen das Haus drückt, wenn dann der Sturm tobt und an dem Haus rüttelt, bricht es zusammen und wird völlig zerstört."

Als Jesus seine Rede beendet hatte, war die Menge überwältigt von seiner Lehre, denn er sprach mit Vollmacht - ganz anders als ihre Gesetzeslehrer.

Großer Glaube
Matthäus 8,1; Matthäus 8,5-13; Lukas 7,1-10

Nachdem Jesus das alles vor dem Volk gesagt hatte und vom Berg heruntergestiegen war, zog er weiter. Eine große Menschenmenge folgte ihm. In Kafarnaum war ein Hauptmann stationiert, der einen Sklaven besaß, der ihm viel bedeutete; dieser war schwer krank und lag im Sterben. Als der Hauptmann von Jesus hörte, schickte er einige von den jüdischen Ältesten zu ihm. Sie sollten ihn bitten zu kommen und seinem Sklaven das Leben zu retten. "Herr", ließ er ihm ausrichten(a), "mein Diener liegt gelähmt zu Hause und hat furchtbare Schmerzen." Die Männer kamen zu Jesus und baten ihn inständig. "Er verdient es, dass du ihm diese Bitte erfüllst", sagten sie. "Er liebt unser Volk und hat uns sogar die Synagoge gebaut." Jesus erwiderte: "Ich will kommen und ihn heilen", und ging mit ihnen. Als er nicht mehr weit vom Haus entfernt war, schickte der Hauptmann einige seiner Freunde zu ihm und ließ ihm sagen: "Herr, bemühe dich nicht! Ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach kommst. Deshalb bin ich auch nicht persönlich zu dir gekommen. Sprich nur ein Wort und mein Sklave wird gesund! Ich unterstehe ja auch dem Befehl von Vorgesetzten und habe meinerseits Soldaten unter mir. Sage ich zu einem von ihnen: 'Geh!', dann geht er, und zu einem anderen: 'Komm!', dann kommt er. Und wenn ich zu meinem Sklaven sage: 'Tu das!', dann tut er es." Jesus war sehr erstaunt, das zu hören. Er drehte sich um und sagte zu der Menschenmenge, die ihm folgte: "Ich versichere euch: Solch einen Glauben habe ich in ganz Israel bei niemand gefunden. Und ich sage euch: Aus allen Himmelsrichtungen werden Menschen kommen und zusammen mit Abraham, Isaak und Jakob ihre Plätze im Reich Gottes einnehmen. Aber die Bürger des Reiches werden in die Finsternis hinausgeworfen, wo dann das große Weinen und Zähneknirschen anfangen wird." Darauf wandte sich Jesus den Männern zu, die der Hauptmann geschickt hatte und sagte: "Geht nach Hause! Was er mir zugetraut hat, soll geschehen!" Zur gleichen Zeit wurde der Diener gesund. Als die Freunde des Hauptmanns in dessen Haus zurück kamen, war der Sklave gesund.

(a) Matthäus beschränkt sich auf das Wesentliche und berichtet die Begebenheit, als ob der Hauptmann persönlich mit Jesus gesprochen hätte. Lukas hingegen geht es um die historische Glaubwürdigkeit und er berichtet deshalb auch die Details der Geschichte, dass der Hauptmann nämlich durch autorisierte Boten zu Jesus sprach. Die Einzelheiten beider Berichte stimmen so sehr überein, dass es nicht sinnvoll ist, hier zwei verschiedene Begebenheiten anzunehmen.

Unterbrochene Beerdigung
Lukas 7,11-17

Einige Zeit später ging er, begleitet von seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge, nach Nain(a). Als er sich dem Stadttor näherte, kam ihm ein Trauerzug entgegen. Der Tote war der einzige Sohn einer Witwe gewesen. Viele Menschen aus der Stadt begleiteten die Mutter. Als der Herr die Witwe sah, wurde er von tiefem Mitgefühl ergriffen. "Weine nicht!", sagte er zu ihr. Dann trat er an die Bahre und berührte sie. Die Träger blieben stehen. "Junger Mann, ich befehle dir, steh auf!", sagte er zu dem Toten. Da setzte sich der Tote auf und fing an zu reden, und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück. Alle wurden von Angst und Ehrfurcht gepackt. Sie priesen Gott und sagten: "Ein großer Prophet ist unter uns aufgetreten. Heute hat Gott sein Volk besucht." Die Kunde von dem, was Jesus getan hatte, verbreitete sich im ganzen jüdischen Land und darüber hinaus.

(a) Kleiner galiläischer Ort, 8 km südöstlich von Nazaret.

Jesus über Johannes
Matthäus 11,2-19; Lukas 7,18-35

Durch seine Jünger erfuhr auch Johannes der Täufer im Gefängnis von diesen Dingen. Er rief zwei von ihnen zu sich, schickte sie zum Herrn und ließ ihn fragen: "Bist du wirklich der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?" Während sie bei ihm waren, heilte Jesus gerade viele Kranke und Leidende und von bösen Geistern Geplagte, und vielen Blinden schenkte er das Augenlicht. Jesus gab ihnen zur Antwort: "Geht zu Johannes und berichtet ihm, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote werden auferweckt, Armen wird gute Botschaft verkündigt. Und glücklich ist der zu nennen, der nicht an mir irre wird."

Als die Boten gegangen waren, wandte sich Jesus an die Menge und fing an, über Johannes zu sprechen: "Was wolltet ihr eigentlich sehen, als ihr in die Wüste hinausgezogen seid? Ein Schilfrohr vielleicht, das vom Wind hin- und herbewegt wird? Oder was wolltet ihr sonst dort draußen sehen? Einen fein angezogenen Mann? Nein, Leute mit teuren Kleidern und Luxus findet man in den Königspalästen. Aber was wolltet ihr dann dort draußen sehen? Einen Propheten? Ja, ich versichere euch: Ihr habt mehr als einen Propheten gesehen. Johannes ist der, von dem es in der Heiligen Schrift heißt: 'Ich sende meinen Boten vor dir her. Er wird dein Wegbereiter sein.'(b) Ich versichere euch: Unter allen Menschen, die je geboren wurden, gibt es keinen Größeren als Johannes den Täufer. Von der Zeit Johannes des Täufers bis heute bricht sich das Himmelreich mit Gewalt Bahn und die Menschen drängen sich mit aller Gewalt hinein. Denn alle Propheten und das Gesetz haben diese Zeit angekündigt, bis Johannes kam. Und wenn ihr es sehen wollt: Er ist Elija, dessen Kommen vorausgesagt ist.(c) Wer hören kann, der höre zu! Und doch ist der Kleinste im Reich Gottes größer als er. Alle, die ihm zugehört haben - selbst die Zöllner - unterwarfen sich dem Urteil Gottes und ließen sich von Johannes taufen. Doch die Pharisäer und Gesetzeslehrer lehnten Gottes Plan zu ihrer Rettung hochmütig ab und ließen sich nicht taufen.

(b) Maleachi 3,1
(c) Maleachi 3,23

Mit wem soll ich die Menschen dieser Generation nur vergleichen? Welches Bild trifft auf sie zu? Sie sind wie Kinder, die auf dem Markt herumsitzen und sich gegenseitig zurufen: 'Wir haben euch auf der Flöte Hochzeitslieder gespielt, aber ihr habt nicht getanzt; wir haben euch Klagelieder gesungen, aber ihr habt nicht geweint.'

Als Johannes der Täufer kam, der fastete und keinen Wein trank, sagten sie: 'Er ist von einem Dämon besessen.' Als der Menschensohn kam, der ganz normal isst und trinkt, sagtet ihr: 'Seht, was für ein Schlemmer und Säufer, dieser Freund von Zöllnern und Sündern!' Und doch bestätigt sich die Weisheit Gottes im Werk von beiden - jedenfalls für die, die sie annehmen."

Skandal beim Mahl
Lukas 7,36-50

Ein Pharisäer hatte Jesus zum Essen eingeladen. Jesus war in sein Haus gekommen und hatte sich zu Tisch gelegt.(a) In dieser Stadt lebte auch eine Frau, die für ihren unmoralischen Lebenswandel bekannt war. Als sie erfahren hatte, dass Jesus im Haus des Pharisäers zu Gast war, nahm sie ein Alabastergefäß(b) voll Salböl und ging dorthin. Sie trat an das Fußende des Liegepolsters, auf dem Jesus sich ausgestreckt hatte, kniete sich hin und fing so sehr an zu weinen, dass ihre Tränen seine Füße benetzten. Sie trocknete sie dann mit ihren Haaren ab, küsste sie immer wieder und salbte sie mit dem Öl.

(a) Bei festlichen Anlässen lag man auf Polstern, die um einen niedrigen Tisch in der Mitte gruppiert waren. Man stützte sich auf den linken Ellbogen und langte mit der rechten Hand zu. Die Füße waren nach hinten vom Tisch weg ausgestreckt.
(b) Alabaster ist ein marmorähnlicher Gips, der sich leicht bearbeiten und gut polieren ließ. Er wurde deshalb gern zu henkellosen Gefäßen für Salben verarbeitet.

Als der Pharisäer, der Jesus eingeladen hatte, das sah, sagte er sich: "Wenn der wirklich ein Prophet wäre, würde er doch merken, was für eine Frau das ist, die ihn da berührt. Er müsste doch wissen, dass das eine Sünderin ist." - "Simon, ich habe dir etwas zu sagen", sprach Jesus da seinen Gastgeber an. "Sprich, Rabbi", sagte dieser. Jesus begann: "Zwei Männer hatten Schulden bei einem Geldverleiher. Der eine schuldete ihm fünfhundert Denare(c), der andere fünfzig. Doch keiner von ihnen konnte ihm das Geld zurückzahlen. Da erließ er es beiden. Was meinst du, wer von beiden wird wohl dankbarer sein?" - "Ich nehme an, der, dem die größere Schuld erlassen wurde", antwortete Simon. "Richtig!", sagte Jesus zu Simon und drehte sich zu der Frau um. "Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen und du hast mir nicht einmal Wasser angeboten, dass ich den Staub von meinen Füßen waschen konnte. Doch sie hat meine Füße mit ihren Tränen gewaschen und mit ihren Haaren getrocknet. Du hast mir keinen Begrüßungskuss gegeben, aber sie hat gar nicht aufgehört, mir die Füße zu küssen, seit ich hier bin. Du hast mir den Kopf nicht einmal mit gewöhnlichem Öl gesalbt, aber sie hat meine Füße mit teurem Balsam eingerieben. Ich kann dir sagen woher das kommt: Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben worden, darum hat sie mir viel Liebe erwiesen. Wem wenig vergeben wird, der zeigt auch wenig Liebe." Dann sagte er zu der Frau: "Ja, deine Sünden sind dir vergeben!"

(c) Ein Denar entsprach einem vollen Tageslohn.

Die anderen Gäste fragten sich: "Für wen hält der sich eigentlich, dass er auch Sünden vergibt?" Doch Jesus sagte zu der Frau: "Dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden!"

Frauen um Jesus
Lukas 8,1-3

In der folgenden Zeit zog Jesus durch viele Städte und Dörfer und verkündigte überall die Botschaft vom Reich Gottes. Begleitet wurde er von den Zwölf und von einigen Frauen, die er von bösen Geistern befreit und von Krankheiten geheilt hatte. Es waren Maria aus Magdala(d), aus der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte, Johanna, die Frau Chuzas, eines hohen Beamten von Herodes Antipas, und Susanna und viele andere. All diese Frauen dienten Jesus und seinen Jüngern mit ihrem Besitz.

(d) Ort am Westufer des Sees Gennesaret.

Familie will Gewalt anwenden

Markus 3,20-21

Jesus ging nach Hause und wieder strömten so viele Menschen bei ihm zusammen, dass er mit seinen Jüngern nicht einmal zum Essen kam. Als seine Angehörigen das erfuhren, machten sie sich auf, um ihn mit Gewalt zurück zu holen, denn sie sagten sich: "Er muss den Verstand verloren haben."

Welche Macht steht dahinter?
Matthäus 12,22-45; Markus 3,22-30

Damals brachte man einen Besessenen zu Jesus, der blind und stumm war. Als er ihn geheilt hatte, konnte der Mann wieder reden und sehen. Die Leute waren außer sich vor Staunen und sagten: "Ist das etwa der Sohn Davids?"

Doch als die Pharisäer und die Gesetzeslehrer, die von Jerusalem hergekommen waren, es hörten, sagten sie: "Er ist mit Beelzebul(a) im Bund. Und die Dämonen treibt er nur mit Hilfe des Obersten aller bösen Geister aus."

(a) Ein anderer Name für Satan, den Obersten aller Dämonen.

Jesus wusste genau, was sie dachten, rief sie zu sich und gab ihnen durch einige Vergleiche Antwort: "Wie kann denn ein Satan den anderen austreiben? Ein Königreich, das gegen sich selbst kämpft, ist dem Untergang geweiht. Eine Stadt oder eine Familie, die in sich zerstritten ist, geht zugrunde. Und wenn der Satan den Satan austreibt, wäre er in sich zerstritten. Wie soll sein Reich dann bestehen können? Dann ist es aus mit ihm. Und - wenn ich die Dämonen tatsächlich mit Hilfe von Beelzebul austreibe, wer gibt dann euren Leuten die Macht, Dämonen auszutreiben? Sie selbst werden deshalb das Urteil über euch sprechen. Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, dann ist doch das Reich Gottes zu euch gekommen!

Oder wie kann jemand in das Haus eines Starken eindringen und ihm seinen Besitz rauben, wenn er ihn nicht vorher fesselt? Erst wenn der Starke gefesselt ist kann er sein Haus ausrauben.

Wer nicht auf meiner Seite steht, ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, zerstreut. Deshalb versichere ich euch: Alle Sünden können den Menschen vergeben werden, selbst die Gotteslästerungen, die sie aussprechen. Wer aber den Heiligen Geist lästert, wird in Ewigkeit keine Vergebung finden. Mit dieser Sünde hat er ewige Schuld auf sich geladen. Wer etwas gegen den Menschensohn sagt, dem kann vergeben werden. Wer aber gegen den Heiligen Geist redet, dem wird nicht vergeben werden, weder in dieser Welt noch in der kommenden." Das sagte er zu ihnen, weil sie behauptet hatten, er sei von einem bösen Geist besessen.

Wenn ein Baum gut ist, sind auch seine Früchte gut, ist er schlecht, sind auch seine Früchte schlecht. An den Früchten erkennt man den Baum. Ihr Giftschlangenbrut! Wie könnt ihr Gutes reden, wenn ihr böse seid? Denn aus dem Mund kommt das, was das Herz erfüllt. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil er mit Gutem erfüllt ist. Ein böser Mensch bringt Böses hervor, weil er Böses in sich hat. Ich sage euch: Am Tag des Gerichts werden die Menschen Rechenschaft über jedes nutzlose Wort ablegen müssen, das sie gesagt haben. Denn aufgrund deiner eigenen Worte wirst du freigesprochen oder verurteilt werden."

Daraufhin sagten einige der Gesetzeslehrer und Pharisäer zu ihm: "Rabbi, wir wollen ein Zeichen von dir sehen!" - "Diese verdorbene Generation, die von Gott nichts wissen will, verlangt nach einem Zeichen!", antwortete Jesus. "Doch es wird ihnen keins gegeben werden, nur das des Propheten Jona. Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte(a) im Bauch des großen Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein. Im Gericht werden die Männer von Ninive auftreten und diese Generation schuldig sprechen. Denn sie haben ihre Einstellung auf Jonas Predigt hin geändert - und hier steht einer, der bedeutender ist als Jona. Die Königin des Südens wird beim Gericht gegen die Männer dieser Generation auftreten und sie verurteilen. Denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören - und hier steht einer, der mehr bedeutet als Salomo.

(a) Altjüdische Redewendung, die drei Zeiteinheiten ( Ona) meint, wobei eine angebrochene Ona immer als Ganze gezählt wurde. Es ist eine ungefähre Zeitangabe und meint nicht exakt 72 Stunden.

Wenn ein böser Geist einen Menschen verlässt, zieht er durch öde Gegenden und sucht nach einem Ruheplatz, findet aber keinen. Dann sagt er sich: 'Ich werde wieder in die Behausung zurück gehen, die ich verlassen habe.' Er kehrt zurück und findet alles leer, sauber und aufgeräumt. Dann geht er los und holt sieben andere Geister, die noch schlimmer sind als er selbst, und sie ziehen gemeinsam dort ein. So ist dieser Mensch am Ende schlechter dran, als am Anfang. Genauso wird es auch dieser bösen Generation ergehen."

Die Familie hat keine Chance
Matthäus 12,46-50; Markus 3,31-35; Lukas 8,19-21

Während Jesus noch zu der Menschenmenge sprach, waren seine Mutter und seine Brüder angekommen. Doch wegen der Menge konnten sie nicht zu ihm durchkommen. Sie blieben vor dem Haus und verlangten, ihn zu sprechen. Die Menschen, die dicht gedrängt um Jesus herumsaßen, gaben ihm die Nachricht weiter: "Deine Mutter und deine Brüder sind draußen und fragen nach dir", sagte ihm einer. "Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?", antwortete ihm Jesus. Dann sah er die Menschen an, die im Kreis um ihn herum saßen und wies mit der Hand auf seine Jünger und sagte: "Das hier ist meine Mutter und das sind meine Brüder! Jeder, der nach dem Willen meines Vaters im Himmel lebt, wer das Wort Gottes hört und befolgt ist mir Bruder, Schwester und Mutter."

Gleichnisse
Matthäus 13,1-23; Markus 4,1-20; Lukas 8,4-15

Noch am selben Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich ans Ufer des Sees. Es versammelten sich so viele Menschen um ihn, dass er sich in ein Boot setzen musste, um von dort aus zur Menge am Ufer sprechen zu können. Er redete lange und erklärte vieles in Gleichnissen.

Unter anderem sagte er: "Hört zu! Ein Bauer ging auf seinen Acker, um zu säen. Beim Ausstreuen fiel ein Teil der Körner auf den Weg. Dort wurden sie zertreten und dann kamen die Vögel und pickten sie auf. Andere Körner fielen auf felsigen Boden, der nur von einer dünnen Erdschicht bedeckt war. Weil die Saat dort wenig Erde hatte und die Wurzeln nicht tief in den Boden dringen konnten, ging sie bald auf. Als dann aber die Sonne höher stieg, verbrannten die jungen Pflanzen und vertrockneten, weil sie keine tiefer gehenden Wurzeln hatten und nicht genug Feuchtigkeit bekamen. Wieder ein anderer Teil fiel ins Dornengestrüpp. Die Dornen wuchsen mit der Saat in die Höhe, überwucherten sie bald und erstickten sie, so dass sie keine Frucht brachte. Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden. Die Saat ging auf und brachte Frucht: zum Teil hundertfach, zum Teil sechzig- oder dreißigfach." Jesus schloss: "Wer Ohren hat und hören kann, der höre zu!"

Als die Zwölf und die anderen Jünger wieder mit Jesus allein waren, fragten sie ihn nach dem Sinn der Gleichnisse und was er damit sagen wollte. "Warum sprichst du in Gleichnissen zu ihnen?" Er erwiderte: "Euch hat Gott die Geheimnisse des Himmelreichs anvertraut, aber den Außenstehenden wird alles nur in Gleichnissen gesagt. Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben, wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat. Deshalb verwende ich Gleichnisse, wenn ich zu ihnen rede. Sie sehen und sehen doch nichts, sie hören und hören und verstehen doch nichts. An ihnen erfüllt sich die Prophezeiung Jesajas:

'Hört nur zu, ihr versteht doch nichts; seht nur hin, ihr werdet doch nichts erkennen. Denn das Herz dieses Volkes ist verstockt, ihre Ohren sind schwerhörig, und ihre Augen sind verschlossen. Sie wollen mit ihren Augen nichts sehen, mit ihren Ohren nichts hören und mit ihrem Herz nichts verstehen. Sie wollen nicht umkehren, dass ich sie heilen könnte.'(a)

(a) Jesaja 6,9-10

Ihr aber seid glücklich zu preisen! Denn eure Augen sehen und eure Ohren hören. Denn ich versichere euch: Viele Propheten und Gerechte hätten gern gesehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen; gern hätten sie gehört, was ihr hört, doch sie haben es nicht gehört."

Dann fuhr er fort: "Ihr versteht das Gleichnis nicht? Wie wollt ihr dann die anderen alle verstehen? Doch ich will euch das Gleichnis vom Säen erklären.

Der Bauer mit dem Saatgut sät Gottes Wort. Das, was auf den Weg gefallen ist, meint Menschen, die Gottes Botschaft hören, aber nicht verstehen. Aber dann kommt gleich der Satan und nimmt ihnen das gesäte Wort wieder aus dem Herzen weg, so dass sie nicht glauben und deshalb auch nicht errettet werden. Die Saat auf dem felsigen Boden entspricht Menschen, die das Wort hören und es gleich freudig aufnehmen. Doch weil sie unbeständig sind, kann es bei ihnen keine Wurzeln schlagen. Eine Zeitlang glauben sie, doch wenn eine Zeit der Prüfung kommt, wenn sie wegen der Botschaft in Schwierigkeiten geraten oder gar verfolgt werden, wenden sie sich gleich wieder ab. Andere Menschen entsprechen der Saat, die ins Dornengestrüpp fällt. Sie haben die Botschaft gehört, sie aber im Lauf der Zeit von den Sorgen ihres Alltags, von den Verlockungen des Reichtums und den Genüssen des Lebens ersticken lassen, sodass keine Frucht reifen kann. Die Menschen schließlich, die dem guten Boden gleichen, hören die Botschaft und nehmen sie mit aufrichtigem Herzen bereitwillig auf. Sie halten daran fest, lassen sich nicht entmutigen. Durch ihre Ausdauer bringen sie Frucht, einer hundertfach, einer sechzig- und einer dreißigfach."

Die Lampe
Markus 4,21-25; Lukas 8,16-18

Er fuhr fort: "Zündet man denn eine Lampe an und stellt sie dann unter einen Eimer oder unters Bett? Natürlich nicht! Man stellt sie auf den Lampenständer, damit die Hereinkommenden Licht haben. So wird auch alles, was jetzt noch verborgen ist, ans Licht kommen, was jetzt noch geheim ist, soll bekannt gemacht werden. Wer Ohren hat und hören kann, der höre zu!" Und weiter sagte er: "Passt auf, was ihr jetzt hört! Nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch zugeteilt werden und ihr werdet noch mehr bekommen. Denn wer hat, dem wird gegeben, wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat."

Bilder für das Reich Gottes
Matthäus 13,24-33; Markus 4,26-32

"Mit dem Reich Gottes", erklärte er, "verhält es sich wie mit einem Bauern, der seinen Acker besät hat. Er legt sich schlafen, steht wieder auf, ein Tag folgt dem anderen. Währenddessen geht die Saat auf und wächst - wie, das weiß er selber nicht. Die Erde bringt von selbst die Frucht hervor: zuerst den Halm, dann die Ähre und zuletzt das volle Korn in der Ähre. Und sobald das Korn reif ist, lässt er es schneiden. Die Ernte ist gekommen."

Jesus erzählte noch ein anderes Gleichnis: "Mit dem Reich, das vom Himmel regiert wird, verhält es sich wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. Eines Nachts, als alles schlief, kam sein Feind und säte Unkraut(a) zwischen den Weizen und machte sich davon. Als die Saat aufging und Ähren ansetzte, kam auch das Unkraut zum Vorschein. Da kamen die Sklaven des Mannes herbei und fragten: 'Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut?' 'Das hat einer getan, der mir schaden will', erwiderte er. Die Sklaven fragten: 'Sollen wir hingehen und das Unkraut ausreißen?' 'Nein', entgegnete er, 'ihr würdet mit dem Unkraut auch den Weizen ausreißen. Lasst beides wachsen bis zur Ernte. Wenn es dann soweit ist, werde ich den Erntearbeitern sagen: Reißt zuerst das Unkraut aus und bindet es zum Verbrennen in Bündel. Und dann bringt den Weizen in meine Scheune.'"

(a) Wahrscheinlich ist damit Taumellolch gemeint (lolium temulentum), eine 70 Zentimeter hohe weizenähnliche Grasart, deren Körner das Mehl verderben.

"Womit sollen wir die Herrschaft Gottes noch vergleichen?", fragte Jesus. "Mit welchem Gleichnis sollen wir sie darstellen? Es ist wie bei einem Senfkorn(a), das ein Mann auf seinen Acker sät. Es ist zwar das kleinste aller Samenkörner, die man in die Erde sät. Aber wenn es gesät ist, geht es auf und wird größer als alle anderen Gartenpflanzen. Es wird ein richtiger Baum daraus, es treibt so große Zweige, dass Vögel in seinem Schatten nisten können."

(a) Gemeint ist wahrscheinlich der "Schwarze Senf" ( Brassica nigra), dessen 1 mm großes Samenkorn in Israel für seine Kleinheit sprichwörtlich war.

Jesus erzählte noch ein Gleichnis: "Mit dem Reich, das vom Himmel regiert wird, ist es wie mit dem Sauerteig, den eine Frau nimmt und unter einen halben Sack(b) Mehl mischt. Am Ende ist die ganze Masse durchsäuert."

(b) Wörtlich: drei Sata.Ein Saton war ein Hohlmaß und fasste etwa 13 Liter.

Warum Gleichnisse?
Matthäus 13,34-35; Markus 4,33-34

Jesus gebrauchte viele solcher Gleichnisse, um den Menschen die Botschaft Gottes verständlich zu machen. Er verwendete immer Gleichnisse, wenn er zu den Leuten sprach. So erfüllte sich, was durch den Propheten angekündigt ist: "Ich will in Gleichnissen reden und auf diese Weise verkünden, was seit Erschaffung der Welt verborgen war."(c)Aber seinen Jüngern erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.

(c) Psalm 78,2

Schwer von Begriff
Matthäus 13,36-53

Dann schickte Jesus die Leute weg und ging ins Haus. Dort wandten sich die Jünger an ihn: "Erkläre uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker!", baten sie. Jesus antwortete: "Der Mann, der den guten Samen aussät, ist der Menschensohn. Der Acker ist die Welt. Der gute Same sind die Menschen, die zur Herrschaft Gottes gehören. Das Unkraut sind die Menschen, die dem Bösen gehören. Der Feind, der das Unkraut gesät hat, ist der Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt und die Erntearbeiter sind die Engel. So wie das Unkraut ausgerissen und verbrannt wird, so wird es auch am Ende der Welt sein: Der Menschensohn wird seine Engel ausschicken, und sie werden aus seinem Reich alle entfernen, die ein gesetzloses Leben geführt und andere zur Sünde verleitet haben, und werden sie in den glühenden Ofen werfen. Dann wird das große Weinen und Zähneknirschen anfangen. Und dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters leuchten wie die Sonne. Wer Ohren hat, der höre zu!

Mit dem Reich, das vom Himmel regiert wird, verhält es sich wie mit einem im Acker vergrabenen Schatz, der von einem Mann entdeckt wird. Voller Freude geht er los, verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker. Mit diesem Reich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen sucht. Als er eine besonders wertvolle entdeckt, geht er los, verkauft alles, was er hat, und kauft sie.

Mit dem Reich, das vom Himmel regiert wird, ist es auch wie mit einem Schleppnetz, das im See ausgebracht wird. Mit ihm fängt man Fische jeder Art. Wenn es voll ist, ziehen die Männer es ans Ufer. Dann setzen sie sich hin und sortieren die Fische aus. Die guten lesen sie in Körbe und die ungenießbaren werfen sie weg. So wird es auch am Ende der Welt sein. Die Engel werden die Menschen, die Böses getan haben, von den Gerechten trennen und in den glühenden Ofen werfen. Dann wird das große Weinen und Zähneknirschen anfangen."

"Habt ihr alles verstanden?", fragte Jesus seine Jünger. "Ja!", erwiderten sie. Da sagte er zu ihnen: "Also ist jeder Gesetzeslehrer, der ein Jünger des Reiches geworden ist, das vom Himmel regiert wird, einem Hausherrn gleich, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt."

Im Anschluss an diese Gleichnisreden zog Jesus weiter.

Macht über den Sturm
Matthäus 8,18; 8,23-27; Markus 4,35-41; Lukas 8,22-25

Als Jesus die vielen Menschen sah, die sich am Abend jenes Tages um ihn drängten, befahl er seinen Jüngern, mit ihm an die andere Seite des Sees zu fahren. Sie schickten die Leute nach Hause, stiegen in das Boot, in dem er noch saß und fuhren los. Einige andere Boote fuhren ihm nach. Während der Fahrt schlief Jesus im Heck auf einem Kissen. Als sie auf dem See waren, kam plötzlich ein schwerer Sturm auf, ein Fallwind von den Bergen, so dass die Wellen das Boot zu begraben drohten. Die Jünger stürzten zu Jesus und weckten ihn auf: "Herr", schrien sie, "wir gehen unter! Rette uns! Rabbi(a), Rabbi, wir sind verloren! Macht es dir denn nichts aus, dass wir umkommen?" Aber Jesus sagte zu ihnen: "Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen?" Dann stand er auf und bedrohte den Wind und das wogende Wasser. "Schweig! Sei still!", befahl er dem Sturm und dem See. Da hörten sie auf zu toben und es wurde ganz still."Warum habt ihr solche Angst?", fragte Jesus seine Jünger. "Habt ihr immer noch keinen Glauben?"Da wurden sie erst recht von Furcht gepackt und flüsterten einander zu: "Wer ist das nur, dass ihm sogar Wind und Wellen gehorchen?"

(a) Hebräische Anrede: mein Herr (mein Lehrer, mein Meister)!

Macht über teuflische Mächte
Matthäus 8,28-34; Markus 5,1-20; Lukas 8,26-39

So kamen sie in das Gebiet der Gadarener(b) auf der anderen Seite des Sees, gegenüber von Galiläa. Als er aus dem Boot stieg, rannten ihm zwei Besessener entgegen. Sie kamen von den Grabhöhlen und waren so gefährlich, dass niemand es wagte, auf diesem Weg vorbei zu gehen. Der eine trug schon lange keine Kleidung mehr und hauste abseits von den Häusern in Grabhöhlen. Niemand konnte ihn mehr bändigen, nicht einmal mit Ketten. Schon oft hatte man ihn an Händen und Füßen gefesselt, doch jedes Mal hatte er die Ketten zerrissen und die Fußfesseln zerrieben. Keiner wurde mit ihm fertig. Der Dämon trieb ihn in menschenleere Gegenden. Tag und Nacht war er in den Grabhöhlen oder auf den Bergen und immer schrie er und schlug sich mit Steinen. Schon von weitem hatte er Jesus erblickt, rannte auf ihn zu, warf sich vor ihm hin und schrie mit lauter Stimme: "Was willst du von mir, Jesus, Sohn Gottes, du Sohn des Allerhöchsten? Bist du hergekommen, um mich schon vor der Zeit zu quälen? Ich beschwöre dich bei Gott, quäle mich nicht!" Jesus hatte dem bösen Geist nämlich befohlen, den Mann zu verlassen, den er schon so lange in seiner Gewalt hatte.

(b) Südöstlicher Uferstreifen des Sees Gennesaret mit Hafen. Das Gebiet gehörte zu Gadara, die als mächtigste Stadt im Zehnstädtegebiet selbst Kriegsschiffe auf dem See unterhielt.

Dann fragte ihn Jesus: "Wie heißt du?" - "Ich heiße Legion", antwortete der; denn es waren viele Dämonen in ihn gefahren. Diese flehten Jesus an, sie nicht aus der Gegend fort in den Abgrund zu schicken. Nun weidete dort in der Nähe eine große Herde Schweine an einem Berghang. Die Dämonen baten ihn: "Wenn du uns austreibst, lass uns doch in die Schweine fahren!" - "Geht!", sagte Jesus. Da verließen sie die Männer und fuhren in die Schweine. Daraufhin raste die ganze Herde den Abhang hinunter in den See und die Tiere ertranken in den Fluten. Es waren immerhin 2000 Tiere.

Als die Schweinehirten das sahen, liefen sie davon und erzählten in der Stadt und auf den Dörfern alles, was geschehen war, auch das mit den Besessenen. Die Leute wollten das mit eigenen Augen sehen und machten sich gleich auf den Weg.

Als sie zu Jesus kamen, sahen sie den Mann, aus dem die Legion böser Geister ausgefahren war, bekleidet und vernünftig bei ihm sitzen. Da bekamen sie es mit der Angst zu tun. Die Augenzeugen berichten ihnen, was mit dem Besessenen und den Schweinen passiert war. Daraufhin drängte die ganze Menge Jesus, ihr Gebiet zu verlassen, so sehr hatte die Angst sie gepackt. Als Jesus dann ins Boot stieg, bat ihn der Geheilte, bei ihm bleiben zu dürfen. Doch er gestattete es nicht, sondern sagte: "Geh nach Hause zu deinen Angehörigen und berichte ihnen, wie viel der Herr in seinem Erbarmen an dir getan hat." Der Mann gehorchte und verkündete in der Stadt und im ganzen Zehnstädtegebiet(a), was Jesus an ihm getan hatte. Und alle wunderten sich.

(a) Die Dekapolis, ein Verband von ursprünglich zehn Städten im Ostjordangebiet mit Griechisch sprechender Bevölkerung und hellenistischer Kultur.

Macht über Krankheit und Tod
Matthäus 9,18-26; Markus 5,21-43; Lukas 8,40-56

Jesus fuhr mit dem Boot wieder ans andere Ufer, wo sich bald eine große Menschenmenge um ihn versammelte, denn sie hatten auf ihn gewartet. Er war noch am See, als ein Synagogenvorsteher kam und sich vor ihm niederwarf. Er hieß Jairus und bat ihn, in sein Haus zu kommen, weil seine einzige Tochter, ein Mädchen von zwölf Jahren, im Sterben lag. "Komm und leg ihr die Hände auf, bat er dringend, "damit sie gesund wird und am Leben bleibt."

Jesus stand auf und folgte ihm. Auch seine Jünger kamen mit und viele Leute folgten und drängten sich um ihn. In der Menge war auch eine Frau, die seit zwölf Jahren an starken Blutungen litt. Sie war schon bei vielen Ärzten gewesen und dabei sehr geplagt worden. Ihr ganzes Vermögen hatte sie aufgewendet und es hatte ihr nichts geholfen, im Gegenteil: Es war noch schlimmer geworden. Diese Frau hatte von Jesus gehört und drängte sich nun durch die Menge von hinten heran. Sie berührte einen Zipfel seines Gewandes, denn sie dachte: "Wenn ich nur sein Gewand anfasse, werde ich geheilt." Sofort hörte die Blutung auf und sie spürte, dass sie ihre Plage los war.

Im selben Augenblick spürte auch Jesus, dass eine Kraft von ihm ausgegangen war. Er drehte sich in der Menge um und fragte: "Wer hat mein Gewand berührt?" Doch niemand wollte es gewesen sein. Petrus und die anderen Jünger sagten: "Rabbi, die Menge drängt und drückt dich von allen Seiten und da fragst du, wer dich berührt hat?" Doch Jesus bestand darauf: "Es hat mich jemand angerührt, denn ich habe gespürt, dass eine Kraft von mir ausgegangen ist." Jesus blickte umher, um zu sehen, wer es gewesen war und sah die Frau an. Zitternd vor Angst trat die Frau vor, die ja wusste, was mit ihr vorgegangen war und sah dass sie nicht verborgen bleiben konnte. Sie warf sich vor ihm nieder und erzählte ihm alles. Vor allen Leuten erklärte sie, warum sie ihn berührt hatte und dass sie im selben Augenblick geheilt worden war. "Du brauchst keine Angst zu haben, meine Tochter", sagte Jesus da zu ihr, "dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden! Du bist gesund!"

Während Jesus noch mit ihr sprach, kamen Leute aus dem Haus des Synagogenvorstehers und sagten zu Jairus: "Deine Tochter ist gestorben. Du musst den Rabbi nicht weiter bemühen." Doch Jesus schenkte diesen Worten keine Beachtung. "Hab keine Angst! Vertrau mir, dann wird sie gerettet werden!", sagte er zu dem Vorsteher.

Dann ging er weiter, erlaubte aber niemand, ihn zu begleiten, außer Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes. Als sie zum Haus des Vorstehers kamen und Jesus die Aufregung sah, die Flötenspieler(a) und die laut weinenden und klagenden Menschen, ging er hinein und sagte: "Was soll der Lärm? Warum weint ihr? Das Kind ist nicht tot, es schläft nur. Hinaus mit euch!" Da lachten sie ihn aus, denn sie wussten, dass es gestorben war. Er aber warf sie alle hinaus und ging nur mit dem Vater und der Mutter des Kindes und mit den Jüngern, die bei ihm waren, zu dem Mädchen hinein. Er fasste es bei der Hand und sagte: "Talita kum!" - Das heißt übersetzt: "Mädchen, steht auf!" Da kehrte Leben in das Mädchen zurück und es stand gleich auf. Mit fassungslosem Erstaunen sahen alle, wie das Mädchen sich erhob und anfing, umherzugehen. Jesus ordnete an, ihr etwas zu essen zu geben. Die Eltern konnten kaum fassen, was da geschehen war, aber Jesus verbot ihnen nachdrücklich, anderen davon zu erzählen. Die Nachricht davon verbreitete sich in der ganzen Gegend.

(a) Gehörten zum Trauerzeremoniell

Falsche Reaktionen in Kafarnaum
Matthäus 9,27-34

Als Jesus von dort weiterging, folgten ihm zwei Blinde und schrien: "Sohn Davids, hab Erbarmen mit uns!" Sie folgten ihm bis in das Haus, wo er wohnte. Er fragte sie: "Glaubt ihr, dass ich euch helfen kann?" - "Ja, Herr", sagten sie. Da berührte er ihre Augen und sagte: "Weil ihr glaubt, soll es geschehen." Sofort konnten sie sehen. Doch Jesus verbot ihnen streng, jemand davon zu erzählen. Aber kaum waren sie aus dem Haus, machten sie Jesus in der ganzen Gegend bekannt.

Als die beiden gegangen waren, brachten die Leute einen Stummen zu ihm, der von einem Dämon besessen war. Als der böse Geist von dem Mann ausgefahren war, konnte der Stumme reden. Die Leute staunten und sagten: "So etwas hat man in Israel noch nie gesehen!" Die Pharisäer aber behaupteten: "Kein Wunder, er treibt die Dämonen ja durch den Oberdämon aus."

Falsche Reaktionen in Nazaret
Matthäus 13, 54-58; Markus 6,1-6

Jesus brach von dort auf und kam wieder in seinen Heimatort. Seine Jünger begleiteten ihn. Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Viele seiner Zuhörer fragten sich erstaunt: "Wo hat er das nur her? Was ist das für eine Weisheit, die ihm da gegeben ist? Und erst die Wunder, die durch ihn geschehen! Woher hat er nur die Kraft, solche Wunder zu tun? Ist das denn nicht der Zimmermann, der Sohn von Maria, und ein Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Und seine Schwestern leben doch auch alle bei uns! Wo hat er das alles nur her?" Und sie ärgerten sich über ihn. Da sagte Jesus zu ihnen: "Überall wird ein Prophet geehrt, nur nicht in seiner Heimatstadt, seiner Verwandtschaft und seiner Familie." Wegen ihres Unglaubens konnte er dort überhaupt kein Wunder tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie. Er wunderte sich über ihren Unglauben und zog weiter durch die umliegenden Dörfer und lehrte dort.

Instruktion für zwölf Missionare
Matthäus 9,35-10,1; Matthäus 10,5-15; Markus 6,7-11; Lukas 9,1-5

Jesus zog durch alle Städte und Dörfer in dieser Gegend. Er lehrte in den Synagogen, verkündigte die Botschaft vom Reich Gottes und heilte alle Kranken und Leidenden. Als er die vielen Menschen sah, ergriff ihn tiefes Mitgefühl, denn sie waren hilflos und erschöpft, wie Schafe ohne Hirten. Er sagte zu ihnen: "Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet deshalb den Herrn der Ernte, mehr Arbeiter auf seine Felder zu schicken!"

Dann rief er die Zwölf zu sich und gab ihnen Vollmacht, die bösen Geister auszutreiben und jede Krankheit und jedes Leiden zu heilen. Er sandte sie zu zweit mit aus und beauftragte sie, die Botschaft von Gottes Herrschaft zu verkündigen und die Kranken gesund zu machen. "Meidet die Orte, wo Nichtjuden wohnen", sagte er, "und geht auch nicht in die Städte der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Volkes Israel! Geht und verkündigt ihnen: 'Die Herrschaft des Himmels steht bevor!' Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Was ihr kostenlos bekommen habt, das gebt kostenlos weiter. Nehmt nichts mit auf den Weg, kein Brot und keine Vorratstasche. Besorgt euch kein Reisegeld, weder Gold noch Silberstücke oder Kupfermünzen, auch kein zweites Hemd, keine Sandalen und keinen Wanderstab. Denn wer arbeitet, hat Anspruch auf seinen Lebensunterhalt.

Wenn ihr in eine Stadt oder ein Dorf kommt, findet heraus, wer es wert ist, euch aufzunehmen. Wenn ihr das Haus betretet, grüßt seine Bewohner und wünscht ihnen Frieden. Wenn sie es wert sind, wird der Frieden, den ihr bringt, bei ihnen einziehen. Wenn sie es nicht wert sind, wird euer Gruß wirkungslos sein. Wenn ihr in ein Haus aufgenommen werdet, dann bleibt dort, bis ihr den Ort wieder verlasst. Und wenn die Leute euch nicht aufnehmen oder anhören wollen, dann geht aus jenem Haus oder jenem Ort und schüttelt den Staub von euren Füßen ab, um ihnen deutlich zu machen, dass das Gericht auf sie wartet. Ich versichere euch: Sodom und Gomorra wird es am Tag des Gerichts erträglicher ergehen als solch einer Stadt."

Mission kann gefährlich werden
Matthäus 10,16-33

"Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe. Seid deshalb klug wie die Schlangen und aufrichtig wie die Tauben. Nehmt euch in Acht vor den Menschen! Sie werden euch in ihren Synagogen vor Gericht stellen und auspeitschen. Und weil ihr zu mir gehört, werdet ihr vor Machthaber und Könige geführt werden. Doch auch sie und alle Völker müssen ein Zeugnis von mir hören. Und wenn sie euch vor Gericht stellen, dann macht euch keine Sorgen, wie ihr reden oder was ihr sagen sollt. Sagt einfach das, was euch in jener Stunde eingegeben wird. Denn nicht ihr seid dann die Redenden, sondern der Geist eures Vaters redet durch euch. Brüder werden einander dem Tod ausliefern und Väter ihre Kinder. Kinder werden sich gegen ihre Eltern stellen und sie in den Tod schicken. Und weil ihr euch zu mir bekennt, werdet ihr von allen gehasst werden. Aber wer bis zum Ende standhaft bleibt, wird gerettet. Wenn sie euch in der einen Stadt verfolgen, dann flieht in eine andere! Ich versichere euch: Noch bevor ihr mit den Städten Israels zu Ende seid, wird der Menschensohn kommen. Ein Jünger ist doch nicht besser als sein Lehrer und ein Sklave steht doch nicht über seinem Herrn. Der Jünger muss sich damit begnügen, dass es ihm so geht, wie seinem Lehrer, und der Sklave, dass es ihm so geht, wie seinem Herrn. Wenn sie schon den Hausherrn Beelzebul(a) genannt haben, wie viel mehr dann seine Leute? Doch fürchtet euch nicht vor denen, die euch bedrohen. Es kommt die Zeit, da wird alles offenbar werden. Alles, was jetzt noch geheim ist, wird öffentlich bekannt gemacht werden. Was ich euch im Dunklen sage, gebt am hellen Tag weiter, und was ihr ins Ohr geflüstert hört, ruft von den Dachterrassen herunter. Habt keine Angst vor denen, die nur den Leib töten, der Seele aber nichts anhaben können. Fürchtet aber den, der Seele und Leib dem Verderben in der Hölle preisgeben kann. Ihr wisst doch, dass zwei Spatzen für ein paar Cent(b) verkauft werden. Doch nicht einer von ihnen fällt auf die Erde, ohne dass euer Vater das zulässt. Und bei euch sind selbst die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Habt also keine Angst! Ihr seid doch mehr wert als noch so viele Spatzen. Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. Wer mich aber vor den Menschen nicht kennen will, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel nicht kennen."

(a) Ein anderer Name für Satan, den Obersten aller Dämonen.
(b) Wörtlich: ein Assarion. Die Kupfermünze Assarion war 1/16 Denar wert, d.h. 1/16 Tageslohn eines Arbeiters.

Mission fordert alles
Matthäus 10,34-39

"Denkt nicht, dass ich gekommen bin, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Ich bin gekommen, den Sohn mit seinem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; die eigenen Angehörigen werden zu Feinden. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. Wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. Und wer nicht sein Kreuz aufnimmt und mir folgt, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. Wer sein Leben festhalten will, wird es verlieren. Wer sein Leben aber wegen mir verliert, der wird es finden."

Sechs Teams unterwegs
Matthäus 10,40-11,1; Markus 6,12-13;Lukas 9,6

"Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat. Wer einen Propheten aufnimmt, weil er ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil er ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten erhalten. Und wer einem von diesen Geringgeachteten hier auch nur einen Becher kalten Wassers zu trinken gibt, weil er mein Jünger ist - ich versichere euch: Er wird gewiss nicht ohne Lohn bleiben."

Als Jesus den zwölf Jüngern seine Anweisungen gegeben hatte, zog er weiter, um in den Städten des Landes zu lehren und zu predigen. Die Zwölf machten sich auf den Weg und verkündigten die gute Botschaft. Überall predigten sie, dass die Leute ihre Einstellung ändern sollten. Sie trieben viele Dämonen aus, heilten viele Kranke und rieben sie mit Öl ein.

Wahrheit kann tödlich sein
Matthäus 14,6-12; Markus 6,21-29

Eines Tages ergab sich für Herodias die Gelegenheit, Johannes den Täufer umbringen zu lassen. Herodes hatte Geburtstag und gab dazu ein Festessen für seine hohen Regierungsbeamten, die Offiziere und die angesehensten Bürger von Galiläa. Dabei trat die Tochter der Herodias als Tänzerin auf. Sie gefiel dem Herodes und den Gästen so gut, dass der König zu dem Mädchen sagte: "Wünsche dir, was du willst; ich werde es dir geben!" Er schwor ihr sogar: "Ich werde dir alles geben, was du willst, und wenn es die Hälfte meines Reiches wäre." Sie ging hinaus und fragte ihre Mutter: "Was soll ich mir wünschen?" - "Den Kopf von Johannes dem Täufer", erwiderte diese. Schnell ging das Mädchen wieder zum König hinein und sagte: "Ich will, dass du mir hier sofort auf einer Schale den Kopf von Johannes dem Täufers überreichst." Der König war bestürzt, aber weil er vor allen Gästen einen Eid abgelegt hatte, wollte er sie nicht zurückweisen. Er schickte den Henker los und befahl ihm, den Kopf des Täufers zu bringen. Der ging ins Gefängnis und enthauptete Johannes. Dann brachte er den Kopf auf einer Schale herein und überreichte ihn dem Mädchen. Und das Mädchen gab ihn an seine Mutter weiter. Als die Jünger des Johannes davon hörten, holten sie den Toten und legten ihn in ein Grab. Anschließend gingen sie zu Jesus und berichteten ihm, was geschehen war.

Herodes hört von Jesus und denkt an den Täufer
Matthäus 14,1-2; Markus 6,14-16; Lukas 9,7-9

König Herodes Antipas, der Fürst von Galiläa(a), hörte bald darauf, was man über Jesus erzählte, denn überall sprach man von ihm. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Denn die einen sagten: "Johannes der Täufer ist von den Toten auferweckt worden, deshalb kann er solche Wunder tun." Andere meinten: "Elija ist wieder erschienen." Wieder andere sagten: "Einer der früheren Propheten ist wieder auferstanden." Herodes meinte: "Johannes habe ich enthaupten lassen. Aber wer ist das, von dem ich solche Dinge höre?" Doch dann sagte er: "Das ist Johannes, den ich enthaupten ließ. Er ist von den Toten auferstanden, deshalb gehen solche Kräfte von ihm aus." Und er wollte ihn unbedingt sehen.

(a) Wörtlich: Tetrarch, Regent über den vierten Teil eines Landes. Herodes Antipas war unter römischer Oberherrschaft Fürst von Galiläa und Peräa.

Keine Ruhe nach dem Einsatz
Matthäus 14,13-21; Markus 6,30-44; Lukas 9,10-17; Johannes 6,1-14

Die Apostel versammelten sich dann wieder bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie in seinem Auftrag gelehrt und getan hatten. Inzwischen hatte Jesus das (von Herodes) gehört. Da sagte er zu seinen Jüngern: "Kommt mit an einen einsamen Platz, wo wir allein sind und ruht ein wenig aus." Denn es war ein ständiges Kommen und Gehen, so dass sie nicht einmal Zeit zum Essen fanden. Er nahm sie mit und zog sich mit ihnen in die Nähe der Stadt Betsaida(b) zurück. Das war am Ostufer des Sees von Galiläa, den man auch See von Tiberias(c) nennt. Sie fuhren also mit dem Boot an eine einsame Stelle dort, um allein zu sein.

(b) Fischerdorf an der Mündung des Jordan in den See Gennesaret. Heute wahrscheinlich El-Aradsch.
(c) Neue Landeshauptstadt des Herodes Antipas am See von Galiläa, 18 n.Chr. gegründet.

Doch viele sahen sie wegfahren und hatten ihre Absicht bemerkt. Auch die Leute in den umliegenden Städten hörten davon und gingen ihm auf dem Landweg nach. Denn sie hatten die Wunder Gottes an den geheilten Kranken gesehen. So kam es, dass die Menschen in großen Scharen aus allen am See liegenden Orten angelaufen kamen und noch vor ihnen dort waren.

Jesus wies die Menschen nicht ab, sondern als er aus dem Boot stieg und die vielen Menschen sah, ergriff ihn tiefes Mitgefühl. Sie waren ja wie Schafe ohne Hirten. Da nahm er sich viel Zeit und belehrte sie über Gott und sein Reich. Und alle, die Heilung brauchten, machte er gesund.

Am Abend kamen seine Jünger zu ihm und sagten: "Wir sind hier an einem einsamen Fleck, und es ist schon spät. Schick die Leute weg, damit sie sich in den umliegenden Bauernhöfen und Dörfern etwas zu essen kaufen und dort übernachten können." Jesus war auf einen Berg gestiegen und hatte sich dort mit seinen Jüngern gesetzt. Es war kurz vor dem Passafest, das die Juden jährlich feiern. Aber Jesus erwiderte: "Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen doch zu essen!" - "Sollen wir wirklich losgehen und für dieses ganze Volk Essen kaufen?", entgegneten sie.

Als Jesus aufblickte und die Menschenmenge auf sich zukommen sah, fragte er Philippus: "Wo können wir Brot kaufen, dass all diese Leute zu essen bekommen?" Er sagte das aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen, denn er wusste schon, was er tun wollte. Philippus entgegnete: "Es würde mehr als zweihundert Denare(d) kosten, um jedem auch nur ein kleines Stück Brot zu geben." - "Wie viel Brote habt ihr?", fragte er zurück. "Geht und seht nach!" Ein anderer Jünger namens Andreas, es war der Bruder von Simon Petrus, sagte zu Jesus: "Hier ist ein Junge, der fünf Gerstenbrote und zwei Fische mithat. Aber was ist das schon für so viele." - "Bringt sie mir her!", sagte Jesus. Dann befahl er seinen Jüngern, dafür zu sorgen, dass die Leute sich in Tischgemeinschaften auf dem grünen Gras lagerten, denn dort, wo sie sich niederließen, gab es viel Gras. Das taten die Jünger.

(d) Ein Denar entsprach einem vollen Tageslohn.

Als sich die Menge in Gruppen zu hundert und zu fünfzig gelagert hatte, nahm Jesus die fünf Fladenbrote und die zwei Fische in die Hand. Er blickte zum Himmel auf und dankte Gott. Dann brach er die Fladenbrote in Stücke und gab sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten. Ebenso machte er es mit den zwei Fischen und ließ sie unter alle verteilen. Jeder konnte so viel essen, wie er wollte.

Als die Leute satt waren, sagte er zu seinen Jüngern: "Sammelt auf, was übrig geblieben ist, damit nichts umkommt!" Die Jünger füllten zwölf Tragkörbe mit den Resten, die von den Brotstücken und Fischen übrig geblieben waren. Etwa fünftausend Männer hatten an dem Essen teilgenommen, Frauen und Kinder nicht gerechnet.

Als die Leute begriffen, was für ein Wunder Gottes Jesus getan hatte, sagten sie: "Das ist wirklich der Prophet, auf den wir schon so lange warten!"

Verwirrung auf dem Wasser
Matthäus 14,22-36; Markus 6,45-56; Johannes 6,15-21

Jesus merkte, dass sie als Nächstes kommen und ihn mit Gewalt zu ihrem König machen wollten. Deshalb nötigte er seine Jünger, ins Boot zu steigen und an das gegenüberliegende Ufer Richtung Betsaida voraus zu fahren. Er wollte inzwischen die Leute nach Hause schicken. Nachdem er sich von der Menge verabschiedet hatte, stieg er auf den Berg, um ungestört beten zu können.

Seine Jünger (waren inzwischen in Betsaida und)(a) gingen am Abend zum See hinunter. Sie stiegen ins Boot und fuhren Richtung Kafarnaum los, denn es war finster geworden, und Jesus war immer noch nicht zu ihnen gekommen. Beim Einbruch der Dunkelheit war das Boot mitten auf dem See und Jesus allein am Land. Er sah, wie sich seine Jünger beim Rudern abmühten, weil sie gegen den Wind und Wellen ankämpfen mussten. Es war ein starker Gegenwind aufgekommen und der See wurde aufgewühlt.

(a) Um die verschiedenen Angaben in den Evangelien zu vereinbaren ist es am sinnvollsten, anzunehmen, dass die Jünger zunächst nach dem nahen Betsaida fuhren und dort auf Jesus warteten.

Zwischen drei und sechs Uhr in der Nacht kam er dann zu ihnen. Sie waren eine Strecke von etwa fünf Kilometern(b) gerudert. Er ging über den See und es schien, als wollte er an ihnen vorüberlaufen. Als die Jünger ihn auf dem Wasser gehen sahen, meinten sie, es sei ein Gespenst, und schrien von Furcht gepackt auf. Sofort rief er sie an: "Erschreckt nicht! Ich bin's! Habt keine Angst!"

(b) Wörtlich:25 oder 30 Stadien. Stadion ist ein griechisches Längenmaß, das nach der Länge des Stadions in Olympia benannt ist und 600 griechische Fuß = rund 185 Meter betrug.

Da sagte Petrus: "Herr, wenn du es bist, dann befiehl mir, auf dem Wasser zu dir zu kommen!" - "Komm!", sagte Jesus. Da stieg Petrus aus dem Boot und ging auf dem Wasser auf Jesus zu. Doch als er merkte, wie stark der Wind war, bekam er es mit der Angst zu tun. Er fing an zu sinken und schrie: "Herr, rette mich!" Sofort streckte Jesus ihm die Hand hin und hielt ihn fest. "Du Kleingläubiger", sagte er, "warum hast du gezweifelt?"

Als sie ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. Da gerieten die Jünger vor Entsetzen ganz außer sich, denn selbst nach dem Wunder mit den Broten hatten sie noch nichts begriffen, weil ihre Herzen immer noch verschlossen waren. Und alle, die im Boot waren, warfen sich vor ihm nieder. "Du bist wirklich Gottes Sohn!", sagten sie. Und da waren sie auch schon an dem Ufer, das sie erreichen wollten.

Sie fuhren hinüber ans Land und legten in der Nähe von Gennesaret(a) an. Als sie aus dem Boot stiegen, wurde Jesus von den Leuten dort gleich erkannt. Sofort liefen sie los, um die Kranken aus der ganzen Gegend zu holen. Sie brachten sie auf Tragbahren immer an den Ort, von dem sie erfuhren, dass Jesus dort sei. In allen Dörfern, Städten oder Einzelhöfen, in die er kam, legten sie die Kranken ins Freie und baten ihn, sie nur den Saum seines Gewandes berühren zu lassen. Und alle, die ihn berührten, wurden geheilt.

(a) Das Gebiet zwischen den Orten Kafarnaum und Gennesaret heißt Land Gennesaret.

Verwirrung in Tiberias
Johannes 6,22-24

Am nächsten Tag warteten die Menschen auf der anderen Seite des Sees wieder auf Jesus, denn sie hatten gesehen, dass die Jünger allein losfuhren, ohne dass Jesus zu ihnen in das Boot gestiegen war, das als Einziges am Ufer gelegen hatte. Inzwischen legten mehrere Boote aus Tiberias an der Stelle an, wo die Menge das Brot nach dem Dankgebet des Herrn gegessen hatte. Als die Leute nun merkten, dass Jesus nicht mehr da war, stiegen sie in diese Boote, setzten nach Kafarnaum über und suchten dort nach ihm.

Schockierende Vorstellungen
Johannes 6,25-71

Als sie ihn endlich gefunden hatten, fragten sie ihn: "Rabbi, wie bist du hierher gekommen?" Jesus erwiderte: "Ich kann euch mit Sicherheit sagen, warum ihr mich sucht. Ihr sucht mich nur, weil ihr von den Broten gegessen und satt geworden seid. Was Gott euch mit diesem Wunder sagen wollte, interessiert euch nicht. Ihr solltet euch nicht so viel Mühe um die vergängliche Speise machen, sondern euch um die bemühen, die für das ewige Leben vorhält. Diese Nahrung wird der Menschensohn euch geben, denn dazu hat Gott, der Vater, ihn als seinen Gesandten beglaubigt." Da fragten sie ihn: "Was müssen wir denn tun, um Gottes Willen zu erfüllen?" Jesus antwortete ihnen: "Gottes Wille wird dadurch erfüllt, dass ihr den anerkennt, den er gesandt hat." Doch da sagten sie zu ihm: "Wenn wir dir glauben sollen, dann musst du uns ein Wunder sehen lassen. Was wirst du tun? Unsere Vorfahren haben immerhin das Manna in der Wüste gegessen, wie es ja auch in der Schrift heißt: 'Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.'(b)" Jesus erwiderte: "Ich versichere euch nachdrücklich, es war nicht Mose, der euch das Brot aus dem Himmel gegeben hat, sondern es ist mein Vater, der euch das wahre Brot aus dem Himmel gibt. Denn das Brot, das Gott schenkt, ist der, der vom Himmel herabkommt und der Welt das Leben gibt." - "Herr", sagten sie da zu ihm, "gib uns immer von diesem Brot!" Jesus entgegnete: "Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein und wer an mich glaubt, wird nie wieder Durst haben. Aber ich habe es euch ja schon gesagt: Trotz allem, was ihr an mir gesehen habt, glaubt ihr nicht. Alle, die der Vater mir gibt, werden zu mir kommen und ich werde sie nicht zurückweisen. Denn ich bin nicht vom Himmel herab gekommen, um meinen Willen durchzusetzen, sondern um zu tun, was der will, der mich geschickt hat. Und er will, dass ich keinen von denen verliere, die er mir gegeben hat, sondern sie an jenem letzten Tag von den Toten auferwecke. Denn mein Vater will, dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben hat. Und an jenem letzten Tag werde ich ihn von den Toten auferwecken."

(b) Psalm 78,24

Seine jüdischen Zuhörer waren empört darüber, dass er gesagt hatte: "Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist." - "Ist das nicht Jesus, der Sohn Josefs?", murrten sie. "Wir kennen doch seinen Vater und seine Mutter! Wie kann er da behaupten, aus dem Himmel gekommen zu sein?" - "Ihr müsst euch darüber nicht beschweren", sagte Jesus. "Es kann sowieso niemand zu mir kommen, ohne dass der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir zieht. Und wer zu mir kommt, den werde ich an jenem letzten Tag von den Toten auferwecken. In den Prophetenschriften heißt es ja: 'Sie werden alle von Gott unterwiesen sein.'(a) Wer also auf den Vater hört und von ihm lernt, kommt zu mir. Das heißt natürlich nicht, dass jemand den Vater gesehen hat. Nur der Eine, der von Gott gekommen ist, hat den Vater gesehen. Ja, ich versichere euch: Wer mir vertraut, hat das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Vorfahren haben das Manna in der Wüste gegessen und sind dann doch gestorben. Aber hier ist das wahre Brot, das vom Himmel kommt, damit man davon essen kann, und nicht sterben muss. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wenn jemand von diesem Brot isst, wird er ewig leben. Und das Brot, das ich ihm gebe, ist mein Fleisch hier. Ich gebe es für das Leben der Welt."

(a) Jesaja 54,13

Das löste einen heftigen Streit unter den Juden aus. "Wie kann der uns sein Fleisch zu essen geben?", schimpften sie. Aber Jesus fuhr fort: "Ich versichere euch mit allem Nachdruck: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, könnt ihr das ewige Leben nicht in euch haben. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn an jenem letzten Tag von den Toten auferwecken. Denn mein Fleisch ist wirkliche Speise und mein Blut wirklicher Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, bleibt innerlich mit mir verbunden und ich mit ihm. Genauso wie ich durch den lebendigen Vater lebe, der mich gesandt hat, so wird auch der, der mich isst, durch mich leben. So verhält es sich mit dem Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird ewig leben und nicht wie eure Vorfahren sterben, obwohl sie doch das Manna gegessen hatten."

Das alles sagte Jesus in seinem Lehrgespräch in der Synagoge von Kafarnaum. Darüber ärgerten sich selbst viele seiner Jünger: "Was er da sagt, geht zu weit! Das kann man ja nicht anhören!" Jesus wusste gleich, dass seine Jünger sich über seine Worte beschwerten und sagte zu ihnen: "Daran nehmt ihr Anstoß? Wartet doch, bis ihr den Menschensohn in den Himmel zurückkehren seht! Der Geist macht lebendig, ihr selber könnt das nicht. Aber die Worte, die ich euch gesagt habe, sind von diesem Geist erfüllt und bringen das Leben. Allerdings gibt es einige unter euch, die glauben trotzdem nicht." Jesus wusste nämlich von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten. Und er wusste auch, wer ihn später seinen Verfolgern ausliefern würde. Er schloss: "Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann von sich aus zu mir kommen. Das kann nur mein Vater bewirken." Von da an zogen sich viele seiner Jünger zurück und folgten ihm nicht mehr.

Da fragte Jesus die Zwölf: "Und ihr, wollt ihr mich etwa auch verlassen?" - "Herr, zu wem sollen wir denn gehen?", antwortete Simon Petrus. "Du hast Worte, die zum ewigen Leben führen. Und wir glauben und wissen, dass du der Heilige bist, der das Wesen Gottes in sich trägt." Daraufhin sagte Jesus zu ihnen: "Euch Zwölf habe ich doch selber ausgewählt. Und doch ist einer von euch ein Teufel." Damit meinte er Judas Ben-Simon, den Sikarier(b). Denn Judas, einer der Zwölf, war es, der ihn später verriet.

(b) Die Sikarier waren die militanteste Gruppe unter den Zeloten, Dolchmänner (von sika = Dolch), die römerfreundliche Juden umbrachten (siehe Apostelgeschichte 21,38).

Verkehrte Welt
Matthäus 15,1-20; Markus 7,1-23; Johannes 7,1

Jesus blieb dann noch eine Zeitlang in Galiläa und zog von Ort zu Ort. Er mied Judäa, weil die führenden Männer des jüdischen Volkes seinen Tod beschlossen hatten.

Damals kamen Pharisäer und Gesetzeslehrer aus Jerusalem gemeinsam zu Jesus. Sie hatten gesehen, dass seine Jünger mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen, Händen aßen. Denn die Pharisäer und alle Juden essen nichts, wenn sie sich nicht vorher in der vorgeschriebenen Weise die Hände gewaschen haben. So halten sie sich an die Überlieferungen ihrer Vorväter. Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nichts, ohne sich vorher einer Reinigung zu unterziehen. So befolgen sie noch eine Reihe anderer überlieferter Vorschriften über das Reinigen von Bechern, Krügen, Kupfergefäßen und Sitzpolstern. Die Pharisäer und die Gesetzeslehrer fragten ihn also: "Warum richten deine Jünger sich nicht nach den Vorschriften(a), die uns von den Alten überliefert wurden, und essen mit unreinen Händen?"

(a) Mündlich überlieferte Vorschriften der großen jüdischen Gesetzeslehrer regelten das Leben gesetzestreuer Juden bis ins Einzelne. Sie gingen über das alttestamentliche Gesetz hinaus und galten als verbindliche Norm.

Jesus entgegnete: "Und ihr, warum haltet ihr euch mit euren Überlieferungen nicht an Gottes Gebote? Gott hat doch zum Beispiel durch Mose gesagt: 'Ehre Vater und Mutter!'(b) und 'Wer Vater oder Mutter verflucht, wird mit dem Tod bestraft!'(c) Ihr aber lehrt, dass man zu seinem Vater oder seiner Mutter sagen kann: 'Was du von mir bekommen müsstest, habe ich als Opfer für Gott bestimmt.' Dann brauche man seine Eltern nicht mehr zu unterstützen. So setzt ihr Gottes Wort durch eure Vorschriften außer Kraft. Ihr Heuchler! Auf euch trifft genau zu, was Jesaja geweissagt hat: 'Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber sein Herz ist weit von mir fort. Ihr Dienst an mir ist ohne Wert, denn sie lehren, was Menschen erdachten.'(d) Ja, ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet dafür die Vorschriften, die sich Menschen ausgedacht haben."

(b) 2. Mose 20,12; 5. Mose 5,16
(c) 2. Mose 21,17; 3. Mose 20,9
(d) Jesaja 29,13

Dann rief Jesus die Menge wieder zu sich und sagte: "Hört mir zu und versteht, was ich euch sage! Nicht das, was der Mensch durch den Mund aufnimmt, macht ihn vor Gott unrein, sondern das, was aus seinem Mund herauskommt, verunreinigt ihn." Als er sich von der Menge zurückgezogen hatte und ins Haus gegangen war kamen die Jünger zu ihm und sagten: "Weißt du, dass die Pharisäer sich sehr über deine Worte geärgert haben?" Jesus entgegnete: "Jede Pflanze, die nicht mein himmlischer Vater gepflanzt hat, wird ausgerissen werden. Lasst sie! Sie sind blinde Blindenführer. Und wenn ein Blinder einen Blinden führt, werden beide in die nächste Grube fallen."

Da bat ihn Petrus: "Erkläre uns doch, was du mit deinem Bild vorhin meintest!" - "Habt ihr das auch nicht begriffen?", erwiderte Jesus. "Versteht ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen kommt, ihn nicht unrein machen kann? Denn es kommt ja nicht in sein Herz, sondern geht in den Magen und wird im Abort wieder ausgeschieden." - Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein. - "Doch was aus dem Mund herauskommt, kommt aus dem Herzen. Das macht den Menschen unrein. Denn von innen, aus dem Herzen des Menschen kommen die bösen Gedanken, und mit ihnen alle Arten von sexueller Unmoral, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier und Bosheit. Dazu Betrug, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Überheblichkeit und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen heraus und macht den Menschen vor Gott unrein; aber wenn er mit ungewaschenen Händen isst, wird er nicht unrein."

Jesus im Ausland
Matthäus 15,21-31; Markus 7,24-37

Jesus brach von dort auf und zog sich in die Gegend von Tyrus(e) und Sidon zurück. Weil er nicht wollte, dass jemand von seiner Anwesenheit erfuhr, zog er sich in ein Haus zurück. Doch es ließ sich nicht verbergen, dass er da war. Schon hatte eine Frau von ihm gehört, deren kleine Tochter von einem bösen Geist besessen war. Sie kam und warf sich Jesus zu Füßen. Die Frau war eine Griechin und stammte aus dieser Gegend des alten Kanaan, dem syrischen Phönizien(a). "Herr, du Sohn Davids", rief sie, "hab Erbarmen mit mir! Meine Tochter wird von einem bösen Geist furchtbar gequält." Aber Jesus gab ihr keine Antwort. Schließlich drängten ihn seine Jünger: "Fertige sie doch ab, denn sie schreit dauernd hinter uns her!" Er entgegnete: "Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt." Da kam die Frau näher und warf sich vor Jesus nieder. "Herr", sagte sie, "hilf mir!" Er entgegnete: "Zuerst müssen die Kinder satt werden. Es ist nicht recht, ihnen das Brot wegzunehmen und es den Haushunden vorzuwerfen." - "Das ist wahr, Herr", erwiderte sie, "aber die Hündchen unter dem Tisch dürfen doch die Brotkrumen fressen, die die Kinder fallen lassen." - "Da hast du Recht", sagte Jesus zu ihr. "Frau, dein Vertrauen ist groß! Was du willst, soll geschehen! Wegen dieser Antwort kannst du getrost nach Hause gehen. Der Dämon hat deine Tochter verlassen." Von diesem Augenblick an war ihre Tochter gesund. Als die Frau nach Hause kam, lag das Mädchen ruhig im Bett und der Dämon war fort.

(e) Phönizische Hafenstadt, etwa 65 km nordwestlich des Sees Gennesaret.
(a) Landstrich am Mittelmeer nördlich von Israel mit den Städten Tyrus und Sidon im Gebiet des heutigen Libanon. Phönizien gehörte zur römischen Provinz Syrien.

Jesus verließ die Gegend von Tyrus und ging über Sidon zum See von Galiläa, mitten in das Zehnstädtegebiet(b). Dort stieg er auf einen Berg und setzte sich. Da strömten Scharen von Menschen herbei und brachten Gelähmte, Blinde, Krüppel, Stumme und viele andere Kranke zu ihm und legten sie vor seinen Füßen nieder. Er heilte sie alle, sodass die Leute nicht aus dem Staunen herauskamen. Stumme konnten wieder sprechen, Krüppel wurden wiederhergestellt, Gelähmte konnten wieder gehen und Blinde wieder sehen. Und sie priesen den Gott Israels.

(b) Er ging zunächst 40 km nach Norden und dann wieder 120 km in südliche Richtung.

Dort brachte man auch einen tauben Mann zu ihm, der nur mühsam reden konnte, und bat Jesus, ihm die Hand aufzulegen. Jesus führte ihn beiseite, weg von der Menge. Er legte seine Finger in die Ohren des Kranken und berührte dann dessen Zunge mit Speichel. Schließlich blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Mann: "Effata!" - "Öffne dich!" Im selben Augenblick konnte der Mann hören und normal sprechen. Jesus verbot den Leuten, etwas davon weiter zu sagen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt, weil sie vor Staunen völlig außer sich waren. Immer wieder sagten sie: "Wie wunderbar ist alles, was er macht! Tauben gibt er das Gehör und Stummen die Sprache."

Nichtjuden werden gespeist
Matthäus 15,32-39; Markus 8,1-10

Damals war wieder eine große Menschenmenge bei Jesus, die nichts zu essen hatte. Da rief Jesus die Jünger zu sich und sagte: "Diese Leute tun mir leid. Seit drei Tagen sind sie hier bei mir und haben nichts zu essen. Ich will sie nicht hungrig nach Hause schicken, damit sie nicht unterwegs zusammenbrechen." - "Wo sollen wir denn in der Einöde hier so viel Brot hernehmen, um diese Menschen alle satt zu machen?", fragten die Jünger. Doch Jesus fragte zurück: "Wie viele Brote habt ihr?" - "Sieben", antworteten sie, "und ein paar kleine Fische". Da forderte er die Leute auf, sich auf die Erde zu setzen. Er nahm die sieben Brote, dankte Gott dafür, brach sie in Stücke und gab sie seinen Jüngern zum Austeilen. Die Jünger verteilten sie an die Menge. Die Fische ließ Jesus sie ebenfalls austeilen, nachdem er Gott dafür gedankt hatte. Die Leute aßen, bis sie satt waren und füllten sogar noch sieben große Körbe mit den übrig gebliebenen Brocken. Viertausend Männer hatten an der Mahlzeit teilgenommen, Frauen und Kinder nicht gerechnet. Als Jesus die Leute dann nach Hause geschickt hatte, stieg er ins Boot und fuhr in die Gegend von Magadan-Dalmanuta(a).

(a) Das ist wohl eine aramäische Wendung, die den Jüngern bekannt war, und bedeutet "sein Zufluchtsort". Der Begriff Magadan, den Matthäus 15,39 für die gleiche Stelle verwendet, bedeutet "die (glücklichen) Wasser des Gad". Beides deutet auf Tabgha hin, das damals zu Kafarnaum gehörte. Der Platz, zwei Kilometer südlich von Kafarnaum in der Nähe von sieben Quellen, war der Ort, an den Jesus sich gern zurückzog.

Vorsicht vor Pharisäern!
Matthäus 16,1-12; Markus 8,11-21

Da kamen die Pharisäer und Sadduzäer zu Jesus. Sie wollten ihn auf die Probe stellen und verlangten ein Zeichen vom Himmel. Da seufzte er tief und sagte: "Was verlangt diese Generation ständig nach einem Zeichen? Wenn sich der Himmel am Abend rot färbt, sagt ihr: 'Es gibt schönes Wetter.' Doch wenn er sich am Morgen rot färbt und trübe ist, sagt ihr: 'Heute gibt es Sturm.' Das Aussehen des Himmels könnt ihr richtig einschätzen. Wieso könnt ihr dann die Zeichen dieser Zeit nicht beurteilen? Eine verdorbene Generation, die von Gott nichts wissen will, verlangt nach einem Zeichen! Ich versichere euch: Dieses Geschlecht wird niemals ein Zeichen bekommen, nur das des Propheten Jona." Damit ließ er sie stehen, stieg wieder ins Boot und fuhr ans gegenüberliegende Ufer.

Bei der Fahrt auf die andere Seite des Sees hatten die Jünger vergessen, Brot mitzunehmen. Als Jesus nun warnend sagte: "Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!", dachten sie, er sage das, weil sie kein Brot mitgenommen hatten. Als Jesus merkte, was sie beschäftigte, sagte er: "Was macht ihr euch Gedanken darüber, dass ihr kein Brot habt? Ihr Kleingläubigen! Begreift ihr es immer noch nicht? Erinnert ihr euch nicht daran, wie viel Körbe voll Brotstücke ihr eingesammelt habt, als ich die fünf Brote für die Fünftausend austeilte? Und bei den sieben Brote für die Viertausend, wie viel Körbe voll Brocken habt ihr da eingesammelt? Begreift ihr denn immer noch nicht, dass ich nicht vom Brot zu euch geredet habe, als ich euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer warnte?" Da endlich verstanden sie, dass er die Lehre der Pharisäer und Sadduzäer gemeint hatte und nicht den Sauerteig, der zum Brotbacken verwendet wird.

Der Blinde bei Betsaida
Markus 8,22-26

Als sie nach Betsaida kamen, brachten die Leute einen Blinden zu Jesus und baten ihn, den Mann anzurühren. Jesus fasste ihn an der Hand und führte ihn aus dem Dorf hinaus. Dort benetzte er die Augen des Blinden mit Speichel, legte ihm die Hände auf und fragte dann: "Siehst du etwas?" Der Mann blickte auf und sagte: "Ja, ich sehe Menschen, aber sie sehen aus wie umhergehende Bäume." Da legte Jesus ihm noch einmal die Hände auf die Augen. Nun war er geheilt und konnte alles genau und deutlich erkennen. Jesus schickte ihn nach Hause und sagte: "Geh aber nicht durchs Dorf!"

Zwischen Gott und Teufel
Matthäus 16,13-28; Markus 8,27-9,1; Lukas 9,18-27

Jesus kam mit seinen Jüngern in die Dörfer von Cäsarea Philippi(b). Unterwegs hatte Jesus sich zum Gebet zurückgezogen, und nur seine Jünger waren bei ihm. Da fragte er sie: "Für wen halten die Leute mich, den Menschensohn?""Einige halten dich für Johannes den Täufer", antworteten sie, "andere für Elija und wieder andere für Jeremia oder einen der alten Propheten.""Und ihr", fragte er weiter, "für wen haltet ihr mich?""Du bist der Messias", erwiderte Petrus, "der Sohn des lebendigen Gottes."

(b) Philippus II. hatte die Stadt Paneas am südwestlichen Abhang des Hermon im Quellgebiet des Jordan zur Hauptstadt seines Herrschaftsgebietes gemacht und zu Ehren des Kaisers Cäsarea genannt. Die Stadt, die aus einer Anhäufung kleinerer Siedlungseinheiten bestand, lag etwa 45 km nördlich von Betsaida.

Darauf sagte Jesus zu ihm: "Wie glücklich bist du, Simon Ben-Jona; denn das hat dir mein Vater im Himmel offenbart. Von einem Menschen konntest du das nicht haben. Deshalb sage ich dir jetzt: Du bist Petrus(c), und auf diesen Felsen(d) werde ich meine Gemeinde bauen und alle Mächte des Totenreiches können ihr nichts anhaben. Ich werde dir die Schlüssel zu dem Reich geben, das vom Himmel regiert wird. Was du auf der Erde bindest, wird im Himmel gebunden sein und was du auf der Erde löst, das wird im Himmel gelöst sein.(a)" Aber Jesus schärfte den Jüngern ein, mit niemand darüber zu reden und niemand zu sagen, dass er der Messias sei.

(c) Das heißt Stein oder Felsbrocken.
(d) Griechisch: petra = Felsmassiv.
(a) Vergleiche die Fußnote zu Matthäus 18,18.

Dann begann er ihnen klarzumachen, dass der Menschensohn nach Jerusalem gehen und dort vieles erleiden müsse. Er müsse von den Ratsältesten, den Hohen Priestern(b) und Gesetzeslehrern verworfen und getötet werden und nach drei Tagen(c) auferstehen.

(b) In neutestamentlicher Zeit bestimmten die Römer, wer in Israel Hoherpriester werden konnte. Wenn im Neuen Testament eine Mehrzahl von Hohen Priestern erwähnt wird, sind sowohl der amtierende als auch die inzwischen abgesetzten Hohen Priester gemeint sowie weitere Mitglieder der hohenpriesterlichen Familien, die hohe Positionen in der Tempelverwaltung inne hatten.
(c) Nach jüdischer Zählweise bedeutet das nicht drei Tage später, weil die angebrochenen Tage gewöhnlich als volle Tage gerechnet wurden. Am ersten Tag würde er sterben, am dritten Tag auferstehen.

Als er ihnen das so offen sagte, nahm Petrus ihn beiseite und machte ihm Vorwürfe. "Niemals, Herr!", fuhr er ihn an. "Das darf auf keinen Fall mit dir geschehen!" Doch Jesus drehte sich um, sah die anderen Jünger an und wies Petrus scharf zurecht: "Geh mir aus den Augen, du Satan! Du willst mich zu Fall bringen. Was du denkst, kommt nicht von Gott sondern von Menschen."

Dann rief Jesus seine Jünger und die Menge zu sich und sagte: "Wenn jemand mein Jünger sein will muss er sich selbst verleugnen, er muss täglich sein Kreuz aufnehmen und mir folgen. Denn wer sein Leben(d) unbedingt bewahren will, wird es verlieren. Wer aber sein Leben wegen mir und der guten Botschaft verliert, der wird es retten. Denn was hat ein Mensch davon, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sich selbst verliert oder unheilbaren Schaden nimmt? Was könnte er schon als Gegenwert für sein Leben geben? Denn wer in dieser von Gott abgefallenen sündigen Welt nicht zu mir und meiner Botschaft steht, zu dem wird auch der Menschensohn nicht stehen, wenn er in seiner Herrlichkeit und der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln kommt und jedem nach seinem Tun vergelten wird.

(d) Wörtlich: psyche = Leben und Seele bzw. das wahre Selbst, die Persönlichkeit.

Ich versichere euch: Einige von denen, die hier stehen, werden noch zu ihren Lebzeiten sehen, wie Gottes Herrschaft machtvoll sichtbar wird, sie werden nicht sterben, bis sie den Menschensohn in seiner königlichen Macht kommen sehen."

Zwischen Jesus und Elia
Matthäus 17,1-13; Markus 9,2-13; Lukas 9,28-36

Sechs Tage später nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes mit und führte sie auf einen hohen Berg(e), wo sie allein waren. Dort wollte er beten. Und als er betete, veränderte sich vor ihren Augen plötzlich sein Aussehen. Sein Gesicht begann zu leuchten wie die Sonne und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht, so weiß, wie sie kein Walker(f) auf der ganzen Erde hätte machen können.

(e) Traditionell wird darunter der Berg Tabor in Galiläa verstanden, doch zur Zeit Jesu befand sich auf dessen runder Kuppe eine befestigte Burg - kein Ort, wo man allein sein konnte. Die vorherige Erwähnung von Cäsarea Philippi verweist eher auf den Berg Hermon nordöstlich dieses Ortes und wir sollten uns das Geschehen an einem der Hänge jenes majestätischen Berges vorstellen.
(f) Ein Walker im Altertum reinigte, bleichte und verfilzte Stoffe.

Auf einmal standen zwei Männer dort und sprachen mit ihm. Es waren Mose und Elija. Auch sie waren von himmlischem Glanz umgeben und redeten mit ihm über das Ende, das er nach Gottes Plan in Jerusalem nehmen sollte. Doch Petrus und die zwei anderen Jünger waren vom Schlaf überwältigt worden. Als sie wieder wach wurden, sahen sie Jesus in seiner Herrlichkeit und die zwei Männer bei ihm. Als diese gerade weggehen wollten, sagte Petrus zu Jesus: "Rabbi, wie gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen: eine für dich, eine für Mose und eine für Elija." Doch Petrus wusste selbst nicht, was er da sagte, denn er und die beiden anderen Jünger waren vor Schreck ganz verstört.

Während er noch redete, fiel der Schatten einer lichten Wolke auf sie. Als die Wolke sie dann ganz einhüllte, bekamen sie Angst. Und aus der Wolke sagte eine Stimme: "Das ist mein lieber Sohn, an dem ich meine Freude habe. Hört auf ihn!" Diese Stimme versetzte die Jünger in solchen Schrecken, dass sie sich zu Boden warfen, mit dem Gesicht zur Erde. Da trat Jesus zu ihnen, rührte sie an und sagte: "Steht auf! Ihr müsst keine Angst haben." Als sie sich umschauten sahen sie auf einmal niemand mehr. Nur Jesus war noch bei ihnen. Während sie den Berg hinabstiegen, sagte Jesus den drei Jüngern mit Nachdruck: "Sprecht mit niemand über das, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist!" Diese letzte Bemerkung ließ die Jünger nicht los und sie überlegten miteinander, was er wohl mit der Auferstehung aus den Toten gemeint habe. Schließlich fragten sie: "Warum behaupten die Gesetzeslehrer, dass Elija zuerst kommen muss?" - "Das stimmt schon, Elija kommt zuerst", erwiderte Jesus, "und er wird alles wiederherstellen. Und doch heißt es in der Schrift, dass der Menschensohn vieles leiden muss und verachtet sein wird. Aber ich sage euch, Elija ist schon gekommen, doch sie haben ihn nicht erkannt, sondern mit ihm gemacht, was sie wollten, so wie es geschrieben steht." Genauso wird auch der Menschensohn durch sie zu leiden haben." Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes dem Täufer sprach.

Die Jünger schwiegen über das, was sie erlebt hatten und erzählten damals niemand etwas davon.

Streit wegen eines kranken Jungen
Matthäus 17,14-20; Markus 9,14-29; Lukas 9,37-43

Als sie am folgenden Tag den Berg hinabstiegen und zu den anderen Jüngern kamen, fanden sie diese von einer großen Menge umringt und im Streit mit einigen Gesetzeslehrern. Als die Leute Jesus sahen, wurden sie ganz aufgeregt; sie liefen auf ihn zu und begrüßten ihn. "Worüber streitet ihr euch denn?", fragte er sie. Einer aus der Menge warf sich vor ihm auf die Knie und rief: "Rabbi, ich bin mit meinem Sohn hergekommen und wollte ihn zu dir bringen. Er kann nicht sprechen, weil er von einem bösen Geist besessen ist. Ich bitte dich, sieh nach meinem Sohn und erbarme dich über ihn. Er ist doch mein einziges Kind! Er hat schwere Anfälle und leidet furchtbar. Immer wieder wird er von dem bösen Geist gepackt. Dann schreit er plötzlich auf, wird von dem Geist hin und her gezerrt und hat Schaum vor dem Mund. Oft fällt er sogar ins Feuer oder ins Wasser. Der Geist lässt ihn kaum wieder los und richtet ihn noch ganz zugrunde. Ich habe deine Jünger gebeten ihn zu heilen und den Geist auszutreiben, doch sie konnten es nicht."

"Was seid ihr nur für ein ungläubiges Geschlecht!", sagte Jesus zu ihnen. "Wie lange muss ich denn noch bei euch sein! Wie lange muss ich euch bloß noch ertragen! Bringt den Jungen zu mir!" Als der Junge in die Nähe von Jesus kam, warf der Dämon ihn zu Boden und schüttelte ihn mit so heftigen Krämpfen, dass er hinfiel und sich mit Schaum vor dem Mund auf der Erde wälzte. "Wie lange hat er das schon?", fragte Jesus den Vater. "Von klein auf", antwortete dieser, "und oft hat der Geist ihn schon ins Feuer oder ins Wasser geworfen, weil er ihn umbringen wollte. Aber wenn du etwas kannst, dann hab Erbarmen mit uns und hilf uns!" - "Wenn du etwas kannst?", erwiderte Jesus. "Was soll das heißen? Für den, der Gott vertraut, ist alles möglich!" Da schrie der Vater des Jungen: "Ich glaube ja! Hilf mir bitte aus dem Unglauben!" Als Jesus sah, dass immer mehr Leute zusammenliefen, bedrohte er den bösen Geist: "Du stummer und tauber Geist", sagte er, "ich befehle dir, aus diesem Jungen auszufahren und nie wieder zurückzukommen!" Da schrie der Geist anhaltend auf, zerrte den Jungen wie wild hin und her und verließ ihn schließlich. Der Junge lag regungslos da, so dass die meisten dachten, er sei gestorben. Doch Jesus fasste ihn bei der Hand und richtete ihn auf. Da stand der Junge auf und war von diesem Augenblick an gesund. Alle waren überwältigt von der herrlichen Macht Gottes.

Als Jesus später im Haus mit seinen Jüngern allein war, fragten sie ihn: "Warum konnten wir den Dämon nicht austreiben?" - "Wegen eures Kleinglaubens", antwortete er. "Solche Geister können nur durch Gebet(a) ausgetrieben werden. Ich versichere euch: Wenn euer Vertrauen nur so groß wäre wie ein Senfkorn(b), könntet ihr zu diesem Berg sagen: 'Rück weg von hier nach dort!' Und er wird wegrücken. Nichts wird euch unmöglich sein."

(a) Spätere Handschriften haben hier eingefügt: "und Fasten". (b) Gemeint ist wahrscheinlich der "Schwarze Senf" ( Brassica nigra), dessen 1 mm großes Samenkorn in Israel für seine Kleinheit sprichwörtlich war.

Schwer zu begreifen!
Matthäus 17,22-27; Markus 9,30-33; Lukas 9,43-45

Sie gingen von dort weiter und zogen durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr, denn er hatte vor, seine Jünger zu unterrichten. Er sagte ihnen: "Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert werden, und die werden ihn töten. Doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen." Da wurden die Jünger sehr traurig. Sie konnten den Sinn seiner Worte nicht verstehen, er blieb ihnen verborgen. Sie wussten nicht, was er damit sagen wollte, wagten aber auch nicht, ihn danach zu fragen.

Als sie nach Kafarnaum kamen, traten die Beauftragten für die Tempelsteuer zu Petrus und fragten: "Zahlt euer Rabbi eigentlich keine Tempelsteuer(b)?" - "Natürlich!", sagte Petrus. Doch als er dann ins Haus kam, sprach Jesus ihn gleich an: "Was meinst du Simon, von wem erheben die Könige der Erde Zölle oder Steuern? Von ihren eigenen Söhnen oder von den anderen Leuten?" - "Von den anderen Leuten", sagte Petrus. Da sagte Jesus zu ihm: "Also sind die Söhne davon befreit. Damit wir sie aber nicht vor den Kopf stoßen, geh an den See und wirf die Angel aus. Öffne dem ersten Fisch, den du fängst, das Maul. Dort wirst du einen Stater(c) finden. Nimm ihn und bezahle damit die Tempelsteuer für mich und für dich."

(b) Wörtlich: Doppeldrachme, das ist der Betrag, den jeder männliche Jude jedes Jahr im Februar/März für den Tempel zu zahlen hatte. Er entsprach dem Wert von zwei Tagelöhnen eines Arbeiters.
(c) Silbermünze im Wert von vier Drachmen.

Wer ist der Erste?
Matthäus 18,1-5; Markus 9,33-41; Lukas 9,46-50

Zu Hause in Kafarnaum kamen die Jünger zu Jesus und fragten: "Wer ist eigentlich der Größte in dem Reich, das vom Himmel regiert wird?" Jesus wusste, was sie dachten. Deshalb fragte er sie: "Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?" Sie schwiegen, denn sie hatten sich auf dem Weg gestritten, wer von ihnen der Größte wäre. Da setzte er sich, rief die Zwölf herbei und sagte: "Wenn jemand der Erste sein will, muss er den letzten Platz einnehmen und der Diener von allen sein." Dann winkte er ein Kind heran, stellte es in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte: "Wer solch ein Kind in meinem Namen aufnimmt, nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, nimmt nicht nur mich auf, sondern auch den, der mich gesandt hat. Ich versichere euch: Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in dieses Reich kommen. Darum ist einer, der es auf sich nimmt, vor den Menschen so gering dazustehen wie dieses Kind, der Größte in dem Reich, das vom Himmel regiert wird. Und wer einen solchen Menschen in meinem Namen aufnimmt, nimmt mich auf. Wer also der Geringste unter euch ist, der ist wirklich groß."

Johannes sagte zu ihm: "Rabbi, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen ausgetrieben hat und haben versucht, ihn daran zu hindern, weil er sich nicht zu uns hält." - "Lasst ihn doch!", sagte Jesus. "Denn wer meinen Namen gebraucht, um Wunder zu tun, kann nicht gleichzeitig schlecht von mir reden. Wer nicht gegen uns ist, ist für uns. Selbst wenn jemand euch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zum Messias gehört, wird er ganz gewiss - das versichere ich euch - nicht ohne Lohn bleiben.

Wehe, wer Kleine verführt!
Matthäus 18,6-14; Markus 9,42-50

Wer aber einen von diesen Geringgeachteten, die an mich glauben, zu Fall bringt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins tiefe Meer geworfen würde. Weh der Welt wegen all der Dinge, durch die Menschen zu Fall kommen! Es ist zwar unausweichlich, dass solche Dinge geschehen, doch weh dem Menschen, der daran schuld ist!

Und wenn deine Hand dich zum Bösen verführt, dann hack sie ab! Es ist besser, du gehst verstümmelt ins Leben ein, als mit beiden Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer. Und wenn dein Fuß dir Anlass zur Sünde wird, dann hack ihn ab! Es ist besser, du gehst als Krüppel ins Leben ein, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden, in das ewige Feuer. Und wenn es dein Auge ist, das dich verführt, so reiß es heraus und wirf es weg! Es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen, als dass du beide Augen behältst und in die Hölle geworfen wirst, wo die Qual nicht endet und das Feuer nicht erlischt.

Jeder muss mit Feuer gesalzen werden, und jedes Schlachtopfer mit Salz. Salz ist etwas Gutes. Wenn es aber seinen Geschmack verliert, womit soll es wieder gewürzt werden? Ihr müsst die Eigenschaft des Salzes in euch haben und Frieden untereinander halten."

Hütet euch davor, einen dieser Geringgeachteten überheblich zu behandeln! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel haben jederzeit Zugang zu meinem himmlischen Vater. Was meint ihr? Wenn jemand hundert Schafe hat und eins davon verirrt sich, lässt er dann nicht die neunundneunzig in den Bergen zurück und zieht los, um das verirrte Schaf zu suchen? Und wenn er es dann findet - ich versichere euch: Er wird sich über das eine Schaf mehr freuen als über die neunundneunzig, die sich nicht verlaufen haben. Genauso ist es bei eurem Vater im Himmel: Er will nicht, dass auch nur einer von diesen Geringgeachteten verloren geht."

Seid barmherzig zueinander!
Matthäus 18,15-35

"Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und stell ihn unter vier Augen zur Rede. Wenn er mit sich reden lässt, hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Wenn er nicht auf dich hört, dann nimm einen oder zwei andere mit und geht noch einmal zu ihm, damit alles von zwei oder drei Zeugen bestätigt wird. Wenn er auch dann nicht hören will, bring die Angelegenheit vor die Gemeinde. Wenn er nicht einmal auf die Gemeinde hört, dann behandelt ihn wie einen Gottlosen oder einen Betrüger.

Ich versichere euch: Alles, was ihr hier auf der Erde binden werdet, wird im Himmel gebunden sein und was ihr auf der Erde lösen werdet, wird im Himmel gelöst sein.(a) Und auch das versichere ich euch: Wenn zwei von euch hier auf der Erde sich einig werden, irgendeine Sache zu erbitten, dann wird sie ihnen von meinem Vater im Himmel gegeben werden. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen zusammenkommen, da bin ich in ihrer Mitte."

(a) Die Bedeutung der Ausdrücke binden und lösen ist umstritten. Manche deuten sie auf die Lehrautorität - verbieten und erlauben, andere auf die Gemeinde - ausschließen und aufnehmen, und wieder andere auf vergeben und die Vergebung verweigern (evtl. durch Verkündigung oder Nichtverkündigung des Evangeliums).

Dann kam Petrus zu Jesus und fragte: "Herr, wie oft darf mein Bruder gegen mich sündigen und ich muss ihm vergeben? Siebenmal?" - "Nein", antwortete Jesus, "nicht siebenmal, sondern siebzig mal siebenmal.

Deshalb ist es mit dem Reich, das vom Himmel regiert wird, wie mit einem König, der von seinen Dienern Rechenschaft verlangte. Gleich am Anfang brachte man einen zu ihm, der ihm 10.000 Talente(a) schuldete. Und weil er nicht zahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit seiner Frau, den Kindern und seinem ganzen Besitz zu verkaufen, um die Schuld zu begleichen. Der Mann warf sich vor ihm nieder und bat ihn auf Knien: 'Herr, hab Geduld mit mir! Ich will ja alles bezahlen.' Da bekam der Herr Mitleid. Er gab ihn frei und erließ ihm auch noch die ganze Schuld. Doch kaum war der Diener zur Tür hinaus, traf er einen anderen Diener, der ihm hundert Denare schuldete. Er packte ihn an der Kehle, würgte ihn und sagte: 'Bezahle jetzt endlich deine Schulden!' Da warf sich der Mann vor ihm nieder und bat ihn: 'Hab Geduld mit mir! Ich will ja alles bezahlen.' Er aber wollte nicht, sondern ließ ihn auf der Stelle ins Gefängnis werfen, bis er ihm die Schulden bezahlt hätte. Als die anderen Diener das sahen, waren sie entsetzt. Sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles. Da ließ sein Herr ihn rufen und sagte zu ihm: 'Was bist du für ein böser Mensch! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest du nicht auch mit diesem anderen Diener Erbarmen haben müssen, so wie ich es mit dir gehabt habe?' Der König war so zornig, dass er ihn den Folterknechten übergab, bis er alle seine Schulden zurückgezahlt haben würde. So wird auch mein Vater im Himmel jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von Herzen vergibt."

(a) Größte damalige Geldeinheit. 1 Talent = 6000 Denare = Arbeitslohn für 20 Jahre Arbeit.